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Blutungen bei Frakturen des Beckenrings nach Niedrigrasanztrauma – ein Systematic Review
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
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Fragestellung: Aufgrund des steigenden Bevölkerungsalters und der zunehmenden Antikoagulantiengabe können Blutungen bei Beckenringfrakturen nach Niedrigrasanztrauma begünstigt werden. Ziel der Studie ist es, die diagnostischen, therapeutischen und präventiven Möglichkeiten dieser seltenen Komplikation in Fallberichten und -serien zu untersuchen.
Methodik: Es wurde eine systematische Suche auf 4 Datenbanken durchgeführt, bei denen nach Fallserien und -berichten von Patienten (>55 Jahren) mit Blutung bei Beckenringfrakturen nach Niedrigrasanztrauma gesucht wurde. Dabei wurden alle Interventionen eingeschlossen, die sich mit der Diagnostik, Prävention oder Behandlung dieser Blutungen beschäftigen. Das Reporting der identifizierten Studien wurden mittels CARE-Checkliste bewertet und narrative ausgewertet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Datenbanksuche ergab 11.172 Hits, nach Titel/Abstract und Volltext Screening wurden 2 Fallserien und 11 Fallberichte mit insgesamt 16 Patienten aus den Jahren 1988 – 2018 eingeschlossen. Hierdurch wurden 12 Patientinnen und vier Patienten mit einem Durchschnittsalter von 82,3 Jahren einbezogen. Der häufigste Verletzungsmechanismus war ein einfacher Sturz (94%). Bei 14 Patienten lag eine isolierte Fraktur des vorderen Beckenringes vor, welche in mindestens 78% der Fälle nicht oder gering disloziert war. Bei neun Patienten wurde die Einnahme von blutverdünnender Medikation, darunter beispielweise Marcumar und ASS, dokumentiert. Diagnostisch erhielten die Patienten häufig mehrere bildgebende Verfahren beispielsweise in 56% ein Röntgen des Beckens mit oder ohne Kontrastmittel, 50% eine Computertomographie (Becken/Abdomen) mit oder ohne Kontrastmittel und 25% einen Ultraschall. Bei vier Patienten war die Diagnostik unklar. Bei elf der 16 Patienten wurde eine Intervention mittels Angiografie durchgeführt, drei Patienten unterliefen verschiedene operative Therapien. 12 Patienten erhielten Bluttransfusionen, darunter durchschnittlich 3,9 (0–10) Transfusionen von Erythrozytenkonzentrat sowie durchschnittlich 1,7 (0–) Transfusionen von Fresh Frozen Plasma. Drei der 14 Patienten verstarben noch während des stationären Aufenthalts. 8 der 13 Studien berichteten mindestens 75% aller Items der CARE-Checkliste, am wenigstens wurde zur Prognose (n=1) und Patientenperspektive (n=0) berichtet.
Die Kombination einer Fraktur des Beckens nach Niedrigrasanztrauma und eine klinisch relevante Blutung stellt eine Seltenheit dar. Es zeigt sich die Empfehlung, insbesondere bei einer bestehenden Antikoagulationsmedikation, eine großzügige Diagnostik, z.B. mittels CT-Angiografie einzuleiten, um Blutungen frühzeitig zu diagnostizieren, entsprechend behandeln zu können und nicht zuletzt, um schwerwiegende Schäden zu verhindern. Eine stationäre Überwachung ist dringend empfohlen, ebenso wie die engmaschige Kontrolle der Vitalparameter. Basierend auf den Ergebnissen sollte bestmöglich zeitnah die Gabe von Blutprodukten und eine angiographische Behandlung der Blutungen durchgeführt werden.