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REBOA – eine interventionelle Behandlungsoption in der Polytraumaakutversorgung zur temporären Kontrolle kritischer Blutungen – Ergebnisse einer multizentrischen Analyse
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
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Fragestellung: Polytraumata mit infradiaphragmalen Blutungen haben eine 50%ige Letalitätsrate. Zur mechanischen Blutungskontrolle im Schockraum stehen neben externen Devices, Beckentamponade oder dem Aortenclamping keine weiteren Behandlungsoptionen zu Verfügung. Mit REBOA (Rescuscitative Endovascular Balloon Occlusion of the Aorta) kann bei infradiaphragmalen Blutungsquellen eine temporäre Blutungskontrolle sowie Kreislaufstabilisierung erzielt werden. Durch REBOA kann wertvolle Zeit zur Durchführung einer CT-Untersuchung und die erforderliche chirurgische Intervention gewonnen werden. Ziel dieser Arbeit ist es, die Ergebnisse erster multizentrischer REBOA-Anwendungen zu analysieren. Die Erkenntnisse sollen die Grundlage für eine prospektive Studie bieten, die Wertigkeit der REBOA in bestehende Schockraumalgorithmen zu evaluieren.
Methodik: In der retrospektiven Analyse der REBOA-Anwendungen wurden 27 Polytraumata, mit einer Kreislaufinstabilität (RR sys < 90 mmHg), die von 05/2015 bis 07/2023 in 3 Level-I-Traumazentren behandelt wurden, untersucht. Die REBOA erfolgte über eine 7 French Schleuse in die A. femoralis communis. Die Wirksamkeit wurde mittels intraarterieller Blutdruckmessung dokumentiert und mit einem nicht-parametrischen Test für abhängige Stichproben (Wilcoxon Test) ausgewertet. Es erfolgte eine deskriptive statistische Analyse der Behandlung, Komplikationen und des Outcomes.
Ergebnisse: Die Baseline Charakteristika der Kohorte waren: Alter: 13–83 Jahre (Median 55 Jahre), ISS: 48 ± 17 Punkte und die Trauma-Ursache (56% Verkehrsunfall, 33% Sturz, 7% Messerstich- und 4% Amputationsverletzung). Die Zeiten Unfall – Schockraum (78 ± 53 min), Schockraum – REBOA-Start (17 ± 7 min) und REBOA-Start – Ende (43 ± 19 min) waren in den Zentren vergleichbar. In 20 Fällen (77%) erfolgte die Ballonplatzierung in Zone 1. Nach Behandlung mit REBOA war der Blutdruck (RR) signifikant erhöht (Median (1.Q–3.Q): RR vor REBOA: 55 (8–76) mmHG; RR mit REBOA 100 (95–128) mmHG; p<0,001). Das Überleben bis zur CT-Untersuchung (n=23, 88%), bis zur Operation (n=21, 78%) sowie das Gesamtüberleben (n=14, 52%) waren in den Zentren vergleichbar. Todesursache waren 7x hämodynamisch, 3x Hirnödem, 2x kardial und 1x hohe Tetraplegie. Demnach verstarben 7 (30%) der Patient*innen mit infradiaphragmaler Blutung, während 14 Patient*innen (70%) überlebten. REBOA Methodenversagen waren zwei Katheterfehllagen (7%) und ein neu aufgetretener therapierefraktärer Herz-Kreislauf-Stillstand (4%).
Schlussfolgerung: REBOA ist eine Interventionsoption in der Akutversorgung eines Polytraumas mit kritischer infradiaphragmaler Blutung und erzielt positive temporäre Effekte auf die Kreislaufstabilität. Dreiviertel der Patient*innen mit infradiagphragmalen Blutungen konnten einer operativen Maßnahme zugeführt werden. Katheterfehllagen können durch Schulungen reduziert werden. Aktuell wird REBOA in der Präklinik in einer prospektiven Studie auf die Effizienz und das Nutzen-Risiko-Verhältnis untersucht.