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Die frühe Immunreaktion auf Volumentherapie in einem humanen ex vivo Polytrauma-Vollblutmodell
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
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Fragestellung: Die traumabedingte Koagulopathie (TIC) ist eine schwerwiegende Komplikation des traumatischen hämorrhagischen Schocks (HS) und wird mit einer erhöhten Sterblichkeit innerhalb der ersten 6 Stunden sowie mit Spätkomplikationen wie multiplem Organversagen in Verbindung gebracht. Da fast 30% der schwer verletzten Patienten bei der Krankenhausaufnahme Anzeichen einer Koagulopathie aufweisen, scheint die Art der Frühversorgung von Schwerverletzten von besonderer Bedeutung zu sein. In den letzten Jahren wurden mehrere klinische Studien über die präklinische Verwendung von Blutprodukten veröffentlicht, die teilweise widersprüchliche Ergebnisse lieferten. Ziel dieser Studie war es, den Einfluss verschiedener Volumenersatzstoffe auf die Blutgerinnung und die frühe Reaktion des Immunsystems in einem ex vivo Modell mit menschlichem Vollblut zu untersuchen.
Methodik: Mit Blutproben von gesunden Spendern wurde durch Zugabe von DAMPs (danger associated molecular patterns) ein Polytrauma simuliert. Ein zusätzlicher Schockzustand wurde durch Ansäuern der Blutproben auf pH 7,1 und eine 20% Volumensubstitution mit entweder NaCl 0,9%, einer Komponententherapie (Erythrozytenkonzentrat/frisches gefrorenes Plasma) oder leukozytenreduziertem frischem Vollblut nachgeahmt. Neben der grundlegenden Blutanalyse (Blutbild, Blutgasanalyse) wurde das Gerinnungsprofil mittels ROTEM beurteilt. Die zelluläre Aktivierung von Thrombozyten und Neutrophilen wurde mittels Durchflusszytometrie und verschiedene lösliche Aktivierungsmarker mittels ELISA gemessen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Volumentherapie mit Kristalloiden bei traumatischem HS führt im Vergleich zur Verwendung von Blutprodukten zu einer signifikanten Verlängerung von CT und CFT sowie zu einer signifikanten Reduktion von MCF bei ROTEM-Messungen. Darüber hinaus wurde eine Aktivierung der Thrombozyten durch eine erhöhte Expression von P-Selektin und gleichzeitig erhöhte Plasmaspiegel des von Willebrand-Faktors im Vergleich zur Komponententherapie oder frischem Vollblut nachgewiesen. Parallel dazu führten Kristalloide zu einer erhöhten Expression von neutrophilen Aktivierungsmarkern (z.B. CD11b), begleitet von einer Sekretion von Matrixmetalloprotease-9 (MMP-9) und neutrophiler Elastase (NE), sowie zu einer erhöhten Bildung des C5b9-Komplexes als zentraler Teil des Komplementsystems. Frisches Vollblut führte zur Aufrechterhaltung der physiologischen Blutgerinnung sowie zu einer Verringerung der frühen Aktivierung des Immunsystems.
Dieses ex vivo Polytraumamodell ermöglicht einen tiefen Einblick in die Wirkung verschiedener Volumenersatzstoffe auf die frühe Immunantwort. Die Verwendung von Blutprodukten bei einem traumatischen hämorrhagischen Schock war in unserem Modell den kristalloiden Flüssigkeiten überlegen. Darüber hinaus erwies sich leukozytenreduziertes frisches Vollblut als das vielversprechendste getestete Volumenersatzmittel und führte zu einer signifikanten Verringerung der traumabedingten Immunreaktion.