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„Was wollen junge Ärztinnen und Ärzte?“ – Die Bedeutung von Work-Life Balance im Gesundheitswesen
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
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Fragestellung: Um Ärzt:innen im Beruf zu halten, ist es wichtig, ihre Erwartungen und Bedürfnisse zu evaluieren, ernst zu nehmen und umzusetzen. Viele wissen nicht mehr, wie sie ihren Berufsalltag bestreiten sollen, ohne dabei entweder die eigene psychische und physische Gesundheit oder die Versorgung der Patient:innen zu vernachlässigen. Daher war es unser Ziel, in einer Umfrage die Erwartungen, Motivation und Bedürfnisse von Medizinstudierenden und Ärzt:innen im Hinblick auf die Berufsausübung zu evaluieren und Aufmerksamkeit für dieses Thema zu generieren.
Methodik: Vor diesem Hintergrund wurde eine anonyme Befragung (23.10. – 23.12.2023) von 283 Medizinstudierenden und 164 Ärzt:innen (Abbildung 1 [Abb. 1]) durchgeführt um die Motivation zum Medizinstudium, sowie die Erwartungen und Bedürfnisse im Arbeitsalltag zu erforschen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Der Fachbereich der Chirurgie erwies sich bei den Studierenden als signifikant unpopulärer als die Innere Medizin (p<0,001). Explizite Gründe, nicht einen Beruf im Fachgebiet Chirurgie ergreifen zu wollen, waren die hierarchischen Strukturen (82%), die ungeregelten Arbeitszeiten (40%) mit Überstunden (37%), jedoch auch die fehlende Begeisterung für chirurgische Tätigkeiten (35%).
28% der befragten Ärzt:innen gaben an, regelmäßig mehr als 60 Stunden zu arbeiten; 18% arbeiten täglich ohne Pause. Im Alltag verbringt man im Durchschnitt drei (±1,6) Stunden täglich mit nicht-ärztlichen Aufgaben, wovon zwei (±1,2) Stunden der Mehrfachdokumentation dank unzulänglicher Digitalisierung geschuldet sind.
Daraus resultiert, dass Ärzt:innen eigene Bedürfnisse, wie physische und psychische Gesundheit aber auch Freundschaften vernachlässigen. 81% bekommen bei krankheitsbedingtem Arbeitsausfalls Schuldgefühle gegenüber den Kolleg:innen und dem Arbeitgeber, 76% sind bereit trotzdem zur Arbeit zu kommen.
Als die wichtigsten Ursachen für den Nachwuchsmangel nennen Ärzt:innen die langen Arbeitszeiten (52%), die schlechte Work-Life-Balance (52%), die hohe psychischen Belastung (41%), sowie die daraus resultierende Unvereinbarkeit von Berufs- und Familienleben (34%).
Der Begriff Work-Life-Balance bedeutet, dass auch der schönste Beruf nicht über der eigenen psychischen und physischen Gesundheit steht.Arbeiten und Pausieren sollen in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen. Die Formulierung ist bewusst neutral gewählt, um die zu hohe Arbeitsbelastung vor dem Arbeitgeber zu verbergen. Insgesamt ist es von großer Bedeutung, den ärztlichen Beruf in Kliniken attraktiv zu gestalten. Dies ist besonders in Bezug auf die soziale Nachhaltigkeit relevant, da wir auch aufgrund des demografischen Wandels mehr ärztliches Personal in naher Zukunft benötigen. Nur so kann eine optimalePatientenversorgung gewährleistet werden.