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Präklinische Blutgabe beim penetrierenden Trauma – zielführende Indikation? Erfahrungen aus der Luftrettung
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
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Fragestellung: Das penetrierende Trauma ist mit einem Anteil von 3,8% in Deutschland selten. Jedoch erhält diese Patientengruppe signifikant mehr Transfusionen als polytraumatisierte Patienten mit stumpfem Trauma wie Verkehrsunfall (Schuss 14,5% vs. Stich 14,1% vs. Verkehr 8,4%).
Vor allem stammnahe penetrierende Schuss- und Stichverletzungen verursachen schwere Blutungen, die präklinisch, nicht durch Kompressionsverbände oder Tourniquets stillbar sind und sehr schnell zum hämorrhagischen Schock und zur traumainduzierten Koagulopathie führen.
Bei dieser Entität verbleibt nur der schnelle Transport in die nächste geeignete Klinik zur chirurgischen Versorgung. Um auch diesem Patientenklientel zu begegnen, kommt an immer mehr, v.a. luftgebundenen Standorten, die präklinische Blutgabe zum Einsatz. Dabei besteht weiterhin kein wissenschaftlich nachgewiesener Überlebensvorteil dieser Maßnahme.
Deshalb ist die nähere Betrachtung an einem zentralen Luftrettungszentrum mit traumatologischen Versorgungsschwerpunkt v.a. in dieser Subgruppe von großem Interesse, an dem die präklinische Blutgabe etabliert ist.
Methodik: Es erfolgte eine retrospektive Analyse der Patienten, bei denen zwischen 04/19 und 01/24 präklinische Transfusionen durchgeführt wurden. Verglichen wurden die penetrierenden Traumen mit stumpfen Trauma bezüglich des Outcomes.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im o.g. Zeitraum wurden 48 Patienten präklinisch transfundiert, alle Patienten erhielten 2 Erythrozytenkonzentrate, 1 g Tranexamsäure, 31/48 erhielten zusätzlich 2 g Fibrinogen.
Die Indikationsstellung erfolgte bei entsprechendem Traumamechanismus mit schweren Verletzungsmuster und bestehendem hämorrhagischen Schock bzw. traumatisch bedingtem Herzkreislaufstillstand mit Hämorrhagie als vermutete Ursache.
Von den insgesamt 48 transfundierten Patienten erlitten nur 4 ein penetrierendes Trauma (8%), davon überlebten alle 4 die ersten 24 h und konnten somit einer operativen Versorgung zugeführt werden. In einem Fall kam es zur Ausbildung eines hypoxischen Hirnschadens nach präklinischer Reanimation.
In den übrigen 3 Fällen lag ein hämorrhagischer Schock durch Schuss- oder Stichverletzung im Bereich Abdomen/Becken vor.
Alle Patienten stabilisierten sich nach EK-Gabe deutlich und überlebten nach operativer Versorgung.
Transfundierte Patienten mit stumpfem Trauma, die initial reanimationspflichtig waren (28/44), verstarben alle.
Bei der Analyse der Verletzungsmuster zeigten sich Extremitätenverletzungen (45,5%), Thoraxtrauma (45%), Beckentrauma (36,4%) und Abdominaltrauma (18,9%). In diesem Kollektiv profitierten v.a. Patienten, die stillbare Blutungen im Bereich der Extremitäten aufwiesen, und durch die Transfusion eine Stabilisierung erfuhren (5/44).
Trotz der täglichen Mitführung ist der Anteil der Transfusionen gering (1,11% aller Einsätze/2,3% der Traumaeinsätze).
Aufgrund der geringen Fallzahlen sind Empfehlungen nur eingeschränkt möglich, aber die ersten Ergebnisse zeigen, dass v.a. das penetrierende Trauma von einer präklinischen Blutgabe profitiert.