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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2024)

22. - 25.10.2024, Berlin

Detaillierte Analyse von chronischen Rückenschmerzen: Erste Ergebnisse einer bevölkerungsbasierten Querschnittstudie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Bernhard Michalski - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Julius Wolff Institut, Berlin, Germany
  • Nima Taheri - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin, Germany
  • Luis Alexander Becker - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin, Germany
  • Lea Marie-Sophie Cordes - Julius Wolff Institut, Berlin, Germany
  • Friederike Schömig - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin, Germany
  • Matthias Pumberger - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin, Germany
  • Hendrik Schmidt - Julius Wolff Institut, Berlin, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2024). Berlin, 22.-25.10.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAB59-2567

doi: 10.3205/24dkou284, urn:nbn:de:0183-24dkou2845

Veröffentlicht: 21. Oktober 2024

© 2024 Michalski et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: „Chronische Rückenschmerzen“ sind ein weit verbreiteter Begriff, welcher auf eine Vielzahl von Schmerzzuständen angewandt wird. Zur Verbesserung der Diagnose „chronischer Rückenschmerzen“ (täglicher Rückenschmerz über 12 Wochen) und Abklärung kausaler Zusammenhänge fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die umfassende Untersuchung innerhalb von 4 Jahren von 3.000 Probanden mit und ohne chronische Rückenschmerzen durch ein interdisziplinäres Team. Ziel der aktuellen Analyse ist die Untersuchung von Lokalisation, Intensität und Dauer von chronischen Rückenschmerzen in der deutschen Allgemeinbevölkerung.

Methodik: Vom Januar 2022 bis Dezember 2023 wurden durch die Forschungsgruppe 1127 Probanden (18–64 Jahre) eingeschlossen, welche durch Plakate und Mund-zu-Mund-Propaganda auf die Studie aufmerksam wurden. Neben zahlreichen Funktionsuntersuchungen beinhalten die Untersuchungen eine ausführliche Anamnese, einen Fragenkomplex mit internationalen, standardisierten Fragebögen (u.a. Chronic Pain Grade Questionnaire (CPGQ; von Korff)), sowie eine detaillierte ärztliche Untersuchung.

Ergebnisse: Unter Berücksichtigung zweier Einstiegsfragen stellten sich 437 (38,8%) Probanden mit chronischen Rückenschmerzen vor. Unter Einbeziehung weiterer Kriterien wie der Schmerzlokalisation ist eine schrittweise Subklassifizierung möglich: A) Chronische Schmerzen, welche auch den unteren Rücken betreffen (cLBP: n=368; 32,7%). B) Chronische Schmerzen, welche primär (cLBP-p: n=298; 26,4%) bzw. sekundär den unteren Rücken betreffen (cLBP-s: n=70; 6,2%). C) Chronische Schmerzen, die ausschließlich den unteren Rücken (cLBP-l: n=96; 8,5%) oder primär den unteren Rücken und sekundär die thorakale Wirbelsäule (cLBP-p-Ts: n=73; 6,5%), oder sekundär eine andere Lokalisation (cLBP-p-Os: n=129; 11,4%) betreffen. Die Charakteristische Schmerzintensität (CPI) beträgt bei cLBP im Median 43,3/100 (Interquartilsabstand (IQR): 33,3–56,7/100) bei einem Schmerzgrad nach Korff von 1 auf einer Skala von 0–4 (Median: 1/4, IQR: 1–2/4). Dabei liegt der wahrgenommene Schmerz zum Zeitpunkt der Untersuchung (Median: 3/10, IQR: 2–4/10) unter dem stärksten Schmerz der letzten 3 Monate (Median: 7/10, IQR: 5–8/10). Bei cLBP-l (Median: 5 Jahre, IQR: 2–10 Jahre) bestehen die Schmerzen kürzer als bei cLBP-p-Os (Median: 10 Jahre, IQR: 3–18 Jahre).

Schlussfolgerung: Die vorliegenden Daten zeigen eine starke Heterogenität hinter der weitverbreiteten Diagnose „chronischer Rückenschmerz“. Die Diagnosestellung ist auf Grund der geringen Schmerzintensität am Tag der Untersuchung erschwert und eine adäquate Therapieempfehlung bei generell geringer Schmerzintensität herausfordernd, was sich insbesondere in der Schmerzdauer ubiquitärer Rückenschmerzen niederschlägt. Um chronische Rückenschmerzen besser zu verstehen ist eine Subklassifikation notwendig. Es ist davon auszugehen, dass die individuellen Schmerzcharakteristika den patientenindividuellen Therapieerfolg maßgeblich beeinflussen.