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Versorgungsrealität osteoporotischer Beckenringfrakturen in einem Level I Traumazentrum
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
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Fragestellung: Durch die demografische Entwickelung steigt kontinuierlich die Inzidenz osteoporotischer Fragilitätsfrakturen des Beckens (FFP). Entsprechend erhöht sich der Versorgungsbedarf. Ist die Versorgungsrealität von FFP-Frakturen in einem Level I Traumazentrum noch zeit- und leitliniengerecht?
Methodik: Die retroskeptive Datenakquirierung schloss alle stationär behandelten Patienten im Zeitraum 01/2018 – 12/2022 mit einer FFP-Diagnose als Hauptdiagnose ein. Ausgeschlossen wurden Patienten <=65 Jahren, Hochenergietraumata und pathologische Frakturen. Erfasst wurden neben demografischen Daten, Daten zu Zeitpunkt und die Art der Versorgung, Nebenerkrankungen, Diagnostik, Liegedauer, Komplikationen, Art der Entlassung sowie Anschlussheilbehandlung.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es wurde 370 Patienten in die Studie eingeschlossen. Darunter waren 53 (14%) männlich und 317 (86%) weiblich. Das Durchschnittsalter lag bei 84,3 ± 6,6 Jahren. Vor stationärer Aufnahme waren 33% ohne, 31% mit einem Hilfsmittel mobil (32% unbekannt, 3,7% Rollstuhl). Zur Entlassung waren 6% ohne und 84% mit einem Hilfsmittel mobil. Während bei Aufnahme noch 64% selbstversorgend waren bzw. 18% einen Pflegedienst nutzten, waren es zur Entlassung 47% respektive 24%. 29% waren zur Entlassung auf eine stationäre Pflege (Kurzzeitpflege oder Pflegeheim) angewiesen. Osteoporose war bei 45% bereits zur Aufnahme bekannt.
Die Anzahl an Nebenerkrankungen lag bei 5,7 ± 3,1. In 68% wurde ein Röntgen, 92% eine CT und 13% eine MRT durchgeführt. Die Frakturverteilung ergab sich wie folgt: 15% FFP I, 50% FFP II, 4% FFP III, 31% FFP IV. Die mittlere Liegedauer lag bei 12,4 ± 8,5 Tagen. Der präoperative stationäre Aufenthalt betrug im Schnitt 6,8 ± 4,6 Tage. Eine operative Versorgung der Frakturen wurde bei FFP I in 5% (n=5/56), FFP II in 34% (n=63/186), FFP III in 79% (n=11/14) und FFP IV in 64% (n=74/116) durchgeführt. In 15% (n=24/150) der Fälle stellten wir eine OP-bezogene Komplikation (postoperative Anämie 13%, n=20/150, Materialversagen 2%, n=3/150, Wundinfektion 0,7%, n=1/150) fest. OP-unabhängige Komplikationen kamen bei 23% (n=85/370) (Harnwegsinfekt 17%, n=62/370), Pneumonie 3%, n=11/370, Thrombose/Embolie 0,5%, n=2/370) der Fälle vor. 37% der Patienten traten anschließend eine Anschlussheilbehandlung an.
Eine FFP-Verletzung bedeutet für das fragile Patientengut oftmals einen Mobilitäts-/Autonomieverlust. Eine signifikant längere Liegedauer zeigte sich bei Patienten mit einer akuten COVID-Infektion (P=0,02), einer stationären MRT-Untersuchung (p=0,001), operativer Versorgung (p<0,001) oder bei anschließender Teilnahme an einer Anschlussheilbehandlung (P<0,001). Während von einer leitliniengerechten Versorgung in aller Regel nur bei guter Mobilisation oder auf Patientenwunsch abgewichen wird, bleibt eine zeitgerechte Versorgung im Vergleich zur der empfohlenen Mobilisierungsphase von 4–7 Tagen eine zunehmende Herausforderung.