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Das komplexe Glenoid – eine Herausforderung in der Behandlung proximaler Humerusfrakturen
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
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Fragestellung: Proximale Humerusfrakturen machen derzeit ca. 5% aller Frakturen bei Erwachsenen aus. Sie sind nach proximalen Femurfrakturen und distalen Radiusfrakturen die häufigste Fraktur bei geriatrischen Patienten. Insbesondere bei geriatrischen Patienten werden diese Frakturen, neben der konservativen Behandlung, immer häufiger mit einer inversen Prothese versorgt. Im Falle der Implantation einer inversen Prothese kann vor allem die Morphologie des Glenoides eine besondere Herausforderung darstellen und gegebenenfalls Maßnahmen wie knöcherne glenoidale Augmentationen notwendig machen. In dieser Arbeit wurde daher untersucht, wie häufig komplexe Glenoidmorphologien im Falle proximaler Humerusfrakturen vorliegen.
Methodik: Es wurden insgesamt 466 Patienten mit proximaler Humerusfraktur in einem Zeitraum von 2018–2022 identifiziert, welche an einem Überregionalen Traumazentrum behandelt wurden und die Einschlusskriterien erfüllten. Eingeschlossen wurden Patienten nach Vollendung des 18. Lebensjahres, bei welchen eine CT-Untersuchung vorlag. Die Frakturklassifikation erfolgte anhand der AO-Klassifikation und die Analyse der Glenoidmorphologie entsprechend der modifizierten Walch Klassifikation. In diesem Zusammenhang wurden Glenoidmorphologien Typ A1-B1 nach Walch als grundsätzlich unkritisch eingestuft. Typ B2 bis D wurden als grundsätzlich kritisch interpretiert.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: In der Analyse der Glenoide der 466 Patienten zeigte sich in 362 (78%) Fällen ein unkritisches Glenoid. Somit lag in 104 (22%) Fällen eine komplexe Glenoidmorphologie vor. Die Analyse der Frakturmorphologie ergab in 236 (51%) Fällen das Vorliegen einer Typ A Fraktur (A1: 88, A2: 100, A3 48), in 162 (35%) Fällen das Vorliegen einer Typ B Fraktur (B1: 124, B2: 29, B3: 9), sowie in 68 (14%) Fällen das Vorliegen einer Typ C Fraktur (C1: 33, C2:18, C3:17). In der Korrelationsanalyse ergab sich keine Korrelation zwischen Frakturtyp und Glenoidmorphologie.
Die Auswertung der Daten ergibt mit 22% einen relevanten Anteil an komplexen Glenoidformen, die zumindest in der präoperativen Planung berücksichtigt werden müssen. Dies ist insbesondere aufgrund der Häufigkeit der Entität der proximalen Humerusfraktur und der damit verbundenen Tatsache relevant, dass die Versorgung mit inversen Prothesen, sowohl in größeren Zentren als auch in peripheren Bereichen erfolgt.
Aus der Analyse ergibt sich weiterhin, dass nicht anhand der Frakturschwere einer proximalen Humerusfraktur auf die Morphologie des Glenoides rückgeschlossen werden kann oder anders formuliert auch die vermeintlich benigne proximale Humerusfraktur kann sich im Rahmen der Implantation einer inversen Prothese als Herausforderung darstellen. Die Arbeit unterstreicht somit die Notwendigkeit für eine CT-Bildgebung mit ggf. 3D-Analyse insbesondere im Falle der operativen Versorgung proximaler Humerusfrakturen.