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Analyse der Pathomechanismen der posttraumatischen Schultersteife nach Humeruskopffraktur – eine ex-vivo Pilot-Studie
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
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Fragestellung: Die posttraumatische Schultersteife ist eine häufige und sozioökonomisch relevante Komplikation der osteosynthetischen Versorgung proximaler Humerusfrakturen. Bei der humeruskopferhaltenden operativen Therapie ist die Implantatentfernung mit gleichzeitiger Adhäsiolyse periartikulärer und periimplantärer Vernarbungen daher eher eine Art geplanter Folgeeingriff bei anhaltender Bewegungseinschränkung nach knöcherner Konsolidierung. Da trotz der periartikulären Adhäsiolyse anhaltende Bewegungseinschränkungen beobachtet werden können, liegt die Vermutung nahe, dass neben extraartikulären Adhäsionen auch fibrotische Veränderungen der Schultergelenkkapsel selbst ursachlich für die posttraumatische Schultersteife sind. Während die periartikuläre Vernarbung und die Vermeidung derselben bereits Gegenstand der Forschung sind, ist die Pathogenese der Kapselfibrose bei der posttraumatischen Schultersteife bisher unbekannt.
Methodik: Zu Studienzwecken wurden von Patienten mit posttraumatischer Schultersteife nach Plattenosteosynthese des proximalen Humerus während der offenen Implantatentfernung und Adhäsiolyse standardisierte Gewebeproben der anteroinferioren Gelenkkapsel entnommen (Studiengruppe). Zum Vergleich wurden gleiche Kapselproben von Patienten während der offenen Reposition und Plattenosteosynthese frischer proximaler Humerusfrakturen asserviert (Kontrollgruppe). Aus den Gewebeproben wurde RNA isoliert (RNeasy Plus Universal Kit; Fa. QIAGEN, Venlo, Niederlande) und nach anschließender cDNA-Synthese (Transcriptor First Strand cDNA Synthesis Kit; Fa. Roche, Basel, Schweiz) wurde die Genexpression verschiedener kollagener und nicht-kollagener Strukturproteine sowie von Markern der Fibrose und myogenen Differenzierung analysiert. Zudem wurden histologische Untersuchungen des Kapselgewebes durchgeführt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es konnte Gewebe von je drei Patienten in der Studien- und Kontrollgruppe verglichen werden. Die RNA-Analyse zeigte in der Studiengruppe eine gesteigerte Expression von Kollagenen des Typs I (COL1A1; Faktor 3,64), Typ III (COL3A1; Faktor 2,63), Typ V (COL5A1; Faktor 2,44) und Typ XIV (COL14A1; Faktor 5,45) gegenüber der Kontrollgruppe. Des Weiteren konnte eine Überexpression des Transkriptionsfaktors SIX1 (Faktor 3,48) und seines Co-Faktoren EYA1 (Faktor 3,07) beobachtet werden, welche in der Literatur u.a. mit einer myogenen Differenzierung von Fibroblasten assoziiert zu sein scheinen. Die histologische Untersuchung der Kapselproben zeigte das Bild einer Kapselfibrose mit ungeordneter Kollagenstruktur.
Nach unserer Kenntnis ist dies die erste Studie, die die Pathomechanismen der Kapselfibrose im Rahmen der posttraumatischen Schultersteife nach proximaler Humerusfraktur untersucht. Die Ergebnisse legen nahe, dass neben der Fibrose auch eine myogene Differenzierung der Fibroblasten innerhalb der Kapsel stattfindet, wie dies bereits für die posttraumatische Ellenbogensteife beschrieben ist. Weitere Studien sind notwendig, um die vorläufigen Ergebnisse zu validieren.