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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2024)

22. - 25.10.2024, Berlin

Der Einfluss der Covid-19-Pandemie auf Patienten mit hüftgelenksnahen Femurfrakturen – welchen Wert hat ein multidisziplinärer, orthogeriatrischer Behandlungsansatz?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Jakob Mayr - Universitätsklinikum Augsburg, Augsburg, Germany
  • Anna Kurnoth - Universitätsklinikum Augsburg, Augsburg, Germany
  • Nora Koenemann - Universitätsklinikum Augsburg, Augsburg, Germany
  • Timon Röttinger - Universitätsklinikum Augsburg, Augsburg, Germany
  • Leonard Lisitano - Universitätsklinikum Augsburg, Augsburg, Germany
  • Annabel Fenwick - Universitätsklinikum Augsburg, Augsburg, Germany
  • Edgar Mayr - Universitätsklinikum Augsburg, Augsburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2024). Berlin, 22.-25.10.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAB33-2693

doi: 10.3205/24dkou129, urn:nbn:de:0183-24dkou1299

Veröffentlicht: 21. Oktober 2024

© 2024 Mayr et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die weltweite Covid-19-Pandemie führte vor allem bei den älteren Patienten zu einer erhöhten Übersterblichkeit. Ziel der Studie war es, die negativen Einflüsse der Pandemie, während der der multidisziplinäre, orthogeriatrische Therapieansatz auf einer Station für Alterstraumatologie weitgehend eingeschränkt war, auf Komplikationen und Sterblichkeit von Patienten mit proximalen Femurfrakturen zu untersuchen.

Methodik: Retrospektive, single-center Studie, mit 2.185 Patienten, einem Durchschnittsalter von 79,8 Jahren, welche einer Operation von proximalen Femurfrakturen unterzogen wurden, in der die Komplikations- und Sterblichkeitsrate vor (Januar 2016 – Februar 2020) und während der Covid-19-Pandemie (März 2020 – Oktober 2021) verglichen wurde. Das standardisierte Behandlungsprotokoll berücksichtigte die Antikoagulation, das Operationsverfahren, die Nierenfunktion, sowie eine postoperative ortho-geriatrische Komplexbehandlung. Letztere war aber während der Covid-19-Pandemie wegen notwendiger Hygienebeschränkungen in den Bereichen Tagesstrukturierung und Mobilisation quasi nicht bzw. nur unter erheblichen Einschränkungen durchführbar. Es wurden Patientendaten, eine stattgehabte Covid-19-Infektion, das Operationsverfahren, die Zeit bis zur Operation, sowie die Komplikationen und Sterblichkeit ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Kontrollgruppe vor der Pandemie beinhaltete 1.590 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 79,9 Jahren und einem mittleren „Charlson-Komorbiditätsindex“ (CCI) von 5,86 Punkten. Die Pandemie-Gruppe beinhaltete 596 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 79,69 Jahren und einem mittleren CCI von 5,75 Punkten. Während der Pandemie wurden 26 Patienten positiv auf Covid-19 getestet (18 Frauen, 8 Männer, Durchschnittsalter 81,35 Jahre). Die positiv getesteten Patienten hatten signifikant mehr Begleiterkrankungen, als negativ getestete Patienten im selben Zeitraum (CCI: 6,26 vs. 5,25 Punkte; p<0,037). Ebenso hatten positiv getestete Patienten einen deutlich längeren intensivstationären Aufenthalt (p<0,001) und eine Komplikationsrate von 62,5%, vor allem durch Pneumonien (p<0,001). Es zeigte sich eine deutlich erhöhte Sterberate der gesamten pandemischen Gruppe im Vergleich zur präpandemischen Kontrollgruppe (Pandemiegruppe: 14% vs 15,4% (negativ vs positiv getestet); Kontrollgruppe: 3,1%).

Während der Pandemie war eine signifikant höhere inhouse-Sterblichkeit von Patienten mit proximalen Femurfrakturen zu verzeichnen, ohne dass hier ein direkter Zusammenhang zum individuellen Infektionsstatus festzustellen war. Als Grund für diese Beobachtung drängen sich die weitreichenden Hygiene bedingten Einschränkungen der postoperativen Mobilisation und vor allem der tagesstrukturierenden Maßnahmen mit ihren delirprotektiven Wirkungen auf. Es bleibt zu hinterfragen ob im Falle einer erneuten Pandemie eben diese Einschränkungen wieder zu rechtfertigen wären, oder ob das Risiko der Infektion geringer einzuschätzen ist wie der Verlust von Mobilisation und Tagesstrukturierung.