Artikel
Iatrogene Nervenverletzungen bei Traumapatienten
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Iatrogene Nervenläsionen während chirurgischer Interventionen stellen vermeidbare Komplikationen dar, die potenziell schwerwiegende funktionelle Beeinträchtigungen verursachen können. Daher ist das Bewusstsein der Ärzteschaft und das fundierte Wissen über gefährdete anatomische Strukturen und chirurgische Eingriffe von entscheidender Bedeutung für präventive Maßnahmen. Angesichts der begrenzten aktuellen Literatur haben wir eine Untersuchung aller chirurgisch behandelten Patienten mit peripheren Nervenverletzungen in unserem spezialisierten Nervenzentrum durchgeführt, um das Auftreten iatrogener Nervenläsionen zu evaluieren.
Methodik: In unserer Einrichtung wurden über einen Zeitraum von 8 Jahren insgesamt 5.026 Patienten mit peripheren Nervenverletzungen behandelt. Wir führten eine umfassende Untersuchung durch, um die Prävalenz iatrogener Nervenverletzungen, ihre klinischen Präsentationen, die Zeitspanne bis zur Behandlung, die Mechanismen sowie intraoperative Befunde zur Nervenkontinuität zu ermitteln.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt wiesen 360 (6,1%) Patienten eine iatrogene Ätiologie auf, was zu 380 geschädigten Nerven führte. Von diesen Läsionen betrafen 76,6% den Hauptast des geschädigten Nervs, wobei hauptsächlich der N. Radialis (30,5%), der N. Peronaeus (13,7%) und der N. Medianus (10,3%) betroffen waren. Nach einer mittleren Verzögerung von 237 ± 344 Tagen wiesen 23,2% der Patienten eine motorische und 27,9% eine gemischte sensorische und motorische Beeinträchtigung auf. 72,6% der Läsionen waren Kontinuitätsläsionen. Hauptinterventionen mit erhöhtem Risiko wurden für jeden Nerv identifiziert, wobei osteosynthetische Verfahren, Lagerungsschäden und anästhesiologische Maßnahmen häufig betroffen waren.
Das Bewusstsein für bedeutende chirurgische Komplikationen wie iatrogene Nervenverletzungen ist für Chirurgen von entscheidender Bedeutung. Eine häufig anzutreffende Bagatellisierung oder die Strategie des „watch and wait“ führen zu erheblichen Verzögerungen beim Einleiten einer angemessenen Therapie. Die hohe Anzahl von Läsionen in Kontinuität, insbesondere in unmittelbarer Nähe zu Osteosynthesen, stellt eine anspruchsvolle Herausforderung für die Diagnosestellung und Behandlungsplanung dar, insbesondere aufgrund der vielfältigen klinischen Präsentationen, die wir beobachtet haben. Daher sollten Diagnostik und Therapie so früh wie möglich in spezialisierten Zentren durchgeführt werden, die sowohl Nervenrekonstruktion als auch Rettungstherapien durchführen können.