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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Digitalisierung in der Medizin: Viel Lärm um nichts? Erhebung des Impacts einer digitalen Patientenkurve mittels eines neuartigen Analyseinstrumentes (IMHIS)

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Florian Eisold - Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Koblenz, Germany
  • Wolfgang Böcker - LMU Klinikum, Muskuloskelettales Universitätszentrum München (MUM), München, Germany
  • Sebastian Andreß - LMU Klinikum, Muskuloskelettales Universitätszentrum München (MUM), München, Germany
  • Axel Greiner - LMU Klinikum, Muskuloskelettales Universitätszentrum München (MUM), München, Germany
  • Christopher A. Becker - LMU Klinikum, Muskuloskelettales Universitätszentrum München (MUM), München, Germany
  • David Alexander Back - Bundeswehrkrankenhaus Berlin, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Berlin, Germany
  • Simon Weidert - LMU Klinikum, Muskuloskelettales Universitätszentrum München (MUM), München, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB99-2564

doi: 10.3205/23dkou629, urn:nbn:de:0183-23dkou6294

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Eisold et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: An die Digitalisierung in der Medizin wird eine Vielzahl an Hoffnungen geknüpft. Diese reichen von einer Verbesserung der medizinischen Versorgung über die Ökonomisierung der Behandlungsprozesse bis hin zu einer Optimierung der interdisziplinären Zusammenarbeit.

Häufig wird der Erfolg solcher Digitalisierungsprojekte aber nur isoliert auf Basis von Nutzerbefragungen oder des Gelingens der technischen Integration in bestehende Health Information Systems (HIS) evaluiert. Für eine evidenzbasierte Beurteilung des Impacts der Digitalisierung müssen jedoch auch die zwischen den Anwendern sowie einem HISauftretenden Interaktionen und Informationsflüsse berücksichtigt werden.

Das Ziel dieser Studie war es deshalb, ein umfassendes Analyseinstrument zur Untersuchung der Auswirkungen von Digitalisierungsprojekten auf Anwenderebene zu entwickeln und empirisch anzuwenden.

Methodik: Für die quantitative Studie wurde auf Basis des DeLone & McLean IS Success Model der Impact Monitor for HIS (IMHIS) entwickelt, welches die Auswirkung eines HIS auf die pflegerischen und ärztlichen Anwender mittels fünf Fragebögen sowie einer Time Motion Study ermittelt. Hierdurch werden die Arbeitsbelastung, die Nutzerzufriedenheit mit dem HIS, die Kommunikation und Kollaboration, die Informations- und Systemqualität sowie die Arbeitsabläufe erfasst.

Durch ein One-Group Pretest-Posttest Design wurde das IMHIS auf die Einführung einer digitalen Patientenkurve auf einer unfallchirurgischen Normalstation eines deutschen Universitätsklinikums angewendet.

Die Ergebnisse der Tests wurden mittels eines zweiseitigen t-Tests unter Annahme einer Normalverteilung und einem Signifikanzniveau von p<0,05 verglichen. Eine Begrenzung der α-Kumulierung wurde vorgenommen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im Pretest wurden 15 Anwenderbefragt sowie über 120 Stunden observiert. Sechs Monate nach der Einführung der digitalen Patientenkurve wurden im Posttest erneut 18 Anwenderbefragt und über 130 Stunden observiert.

Im Posttest zeigte sich eine signifikant höhere subjektive Bewertung der Systemqualität (p<0,001) durch die Ärzte sowie ein signifikant niedrigerer Anteil an Dokumentationszeiten in den pflegerischen Arbeitsabläufen (p<0,001).

Auf der anderen Seite konnten wir hinsichtlich der angestrebten Effekte des HIS auf dieKommunikation, Kollaboration, Informationsqualität sowie der Reduktion des administrativen Aufwandes etwa zugunsten eines intensiveren Patientenkontakts kaum Veränderungen nachweisen. Daher hat das eingeführte Softwareprodukt wesentliche Ziele nicht erreicht und die Potentiale einer digitalen Stationskurve wurden allenfalls ansatzweise ausgeschöpft.

Unsere Studie zeigt andererseits die Praxistauglichkeit des vorgestellten IMHIS durch die erfolgreiche Gewinnung von verwertbaren Daten. Dieses kann durch die gezielte Messung der Auswirkungen der Einführung eines digitalen HIS sowohl als Bewertungsinstrument als auch als datenbasierte Entscheidungsgrundlage für eine kontinuierliche Systemoptimierung herangezogen werden.