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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Kodierqualität als grundlegende Voraussetzung für die Verwendung von BigData: Ursachenanalyse von Fehlkodierungen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Sinan Bakir - BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin, Universitätsmedizin Greifswald, Berlin, Germany
  • Lara Claude - Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Universitätsklinikum Greifswald, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Greifswald, Germany
  • Robert Rache - Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Universitätsklinikum Greifswald, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Greifswald, Germany
  • Lyubomir Haralambiev - Universitätsmedizin Greifswald, BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin, Greifswald, Germany
  • Axel Ekkernkamp - BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin, Universitätsmedizin Greifswald, Berlin, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB98-2973

doi: 10.3205/23dkou620, urn:nbn:de:0183-23dkou6209

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Bakir et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Klavikulafrakturen im Schaftbereich sind häufig. Gerade jedoch im Fall von komplexeren/medialen Klavikulafrakturen zeigen sich häufig Fehlkodierungen. Da die Kodierqualität eine Grundvoraussetzung für valide BigData Analysen ist, suchten wir nach Ursachen für eine verminderte Kodierqualität.

Methodik: Die bizentrische Kohorten-Studie wurde retrospektiv durchgeführt, um ein Bias im Kodierverhalten zu vermeiden. Eingeschlossen wurden alle Patienten mit einer kodierten Klavikulafraktur (medial, mittig, lateral) sowie Patienten mit ACG- oder SCG-Luxation im Zeitraum von 2008–2019. Untersucht wurden die Fehlerraten in radiologischen Befunden, im Entlassungsbrief und in den Abrechnungsdaten sowie der Einfluss von prä-, inner- und postklinischen Faktoren darauf. Die tatsächliche Diagnose wurde durch erneute Begutachtung und Befundung der Bildgebung als Goldstandard festgesetzt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt haben wir 1.496 der o.g. Verletzungen untersucht. Eine fehlerhafte Bezeichnung zeigte sich in 25,2% aller Fälle beim radiologischem Befund und/oder im Entlassungsbrief/in der Kodierung. Eine Vielzahl von Einflussfaktoren hatte einen signifikanten Einfluss auf die Fehlverschlüsselungsrate. Präklinisch zeigten sich Fälle mit einem stärkeren Trauma, beispielsweise mit einer Zuweisung in den Schockraum, häufiger fehlkodiert (28,7% vs. 19,0% ohne Schockraum, p<0,001). Gleiches galt bezüglich der Schwere des Unfallmechanismus (p<0,001). Innerklinisch zeigte sich eine signifikant ansteigende Fehlerquote proportional zur Anzahl der Begleitverletzungen (17,1% bis 47,3%, p<0,001). Zudem ließ sich nachweisen, dass das Therapieverfahren (konservativ 30,8% vs. operativ 18,6% Fehlverschlüsselungsrate, p<0,001) einen Einfluss hatte, wohingegen die Versicherungsart oder das Überleben des Patienten keinen Faktor darstellten.

Besonders eine sich fortpflanzende Fehlkodierung kann ein Hindernis für BigData Analysen darstellen. Die Einflussfaktoren lassen darauf schließen, dass möglicherweise ein vermehrter Workload bei komplexeren Fällen zu Ungenauigkeiten und einer größeren Fehlerrate geführt haben könnte. Gerade bei der Algorithmus-gesteuerten BigData Analyse durch künstliche Intelligenz limitieren diese Fehler das Potenzial der Digitalisierung. Der Benefit dessen kann stets nur so gut sein, wie die zugrundeliegende Datenqualität. Das Wissen um die potenziellen Einflussfaktoren und ggf. eine Anpassung dieser sowie eine regelhafte (ärztliche) Kontrolle der Abrechnungsdaten kann insbesondere bei der Analyse von großen Datenmengen in der Versorgungforschung die Gefahr einer Verzerrung und falschen Interpretation einer BigData Analyse reduzieren.