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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Operative Behandlung einer sekundären Skoliose bei Rigid-Spine-Syndrom mit Muskeldystrophie Typ 1 (RSMD1)

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Eckehard Schumann - Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie, Leipzig, Germany
  • Thibaut Hiegel - Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie, Leipzig, Germany
  • Christoph E. Heyde - Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie, Leipzig, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB98-2761

doi: 10.3205/23dkou618, urn:nbn:de:0183-23dkou6185

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Schumann et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Vorgestellt wird der Fall eines jetzt 18jährigen Mädchens, die initial mit einer atypischen Skoliose bei vermuteter syndromaler Grunderkrankung überwiesen wurde. Unter der Arbeitsdiagnose eines Marfan-like-Syndroms erfolgte 2017 eine wachstumslenkende operative Therapie mittels Implantation von Magnetstäben. Die weiterführende humangenetische Diagnostik führte 2019 den Nachweis einer Muskeldystrophie Typ 1 (RSMD1) und selonoproteinassoziierte Myopathie (assoziierte „rigid spine“) mit einem Chromosom- Defekt im Selenongen

Methodik: Das 12-jährige Mädchen stellte sich erstmalig mit einer neu diagnostizierten atypischen cervicothorakalen Skoliose vor. Eine syndromale Grunderkrankung wurde bereits vermutet, insgesamt drei Genanalysen hatten aber keinen spezifischen Befund erbracht. Pädiatrisch auffällig waren eine begleitende schwere restriktive Ventilationsstörung mit chronisch-hypoxischer respiratorischer Insuffizienz und ein Mitralklappenprolaps und Mitralklappensinsuffizienz Grad II. Bei einem Cobb-Winkel von 50° und einem Risser Stadium 0 führten wir eine wachstumslenkende dorsale Instrumentation mit Magnetstäben durch, die im Verlauf viermalig distrahiert wurden. Die Distraktionen zeigten jeweils nur eine sehr geringe Verlängerung der Wirbelsäule. Die von uns veranlasste erneute genetische Untersuchung wies dann eine heterozygote, pathogene frameshift-Variante (c.713dup, p.(Asn238Lysfs*63) im SELENON-Gens (paternal vererbt)und eine intronische splice-Variante unklarer Signifikanz (c.1282-13G>A, p.(=) im Intron 9 des SELENON-Gen (maternal vererbt) nach. Dies wurde als Rigid-Spine-Syndrom mit Muskeldystrophie Typ 1 (RSMD1) interpretiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Aufgrund des nur geringen Distraktionseffektes bei hoher Rigidität und nachgewiesenem Syndrom stellten wir im Alter von 14 Jahren bei Risser Stadium 3 die Indikation zur definitiven Korrekturspondylodese. Insbesondere die restriktive Ventilationsstörungen besserte sich nach der Spondylodese mit einer Korrektur von initial 65° auf 11°. Aktuell ist die Patientin beschwerdefrei und im Alltag gut belastbar, es zeigte sich keine weitere Progredienz der sekundären Skoliose.

Das Rigid-Spine-Syndrom mit Muskeldystrophie Typ 1 (RSMD1) ist eine extrem seltene Erkrankung, für die in der Literatur keine Inzidienz beschrieben ist. Neben den assoziierten pulmonalen und cardialen Krankheitsfolgen ist die fixierte Skoliose typisch. Unsere Behandlung zeigte, dass eine dorsale Instrumentation im Wachstumsalter einen weiteren Progress weitgehend aufhalten kann und durch regelmäßige Distraktionen das Thoraxwachstum zumindest weiter nicht behindert wird. Die definitive Behandlung ist abschließend dennoch die Korrekturspondylodese. Diese Patienten benötigen zwingend ein interdisziplinäres Behandlungsteam, um die pädiatrisch internistischen Krankheitsfolgen begleitend zu therapieren.