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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Zervikale Bandscheibenprothesen zeigen strukturelle Schwäche in Erhaltung physiologischer Kinematik unter lateraler Belastung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Paul Jonathan Roch - Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany
  • Constantin Hemprich - Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany
  • Friederike Sophie Klockner - Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany
  • Marc-Pascal Meier - Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany
  • Katharina Jäckle - Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany
  • Wolfgang Lehmann - Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany
  • Martin Michael Wachowski - Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany
  • Lukas Weiser - Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB96-2419

doi: 10.3205/23dkou593, urn:nbn:de:0183-23dkou5932

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Roch et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Das Design zervikaler Bandscheibenprothesen (cervical disc arthroplasty, CDA) bestimmt die Segmentkinematik und beeinflusst die Entstehung von Anschlusssegmentdegenerationen. Insbesondere laterale Belastungen scheinen die kinematischen Eigenschaften von Halswirbelsäulensegmenten zu beeinflussen. Die momentane Schraubachse (instantaneous helical axis, IHA) stellt einen optimalen Parameter zur kinematischen Analyse von Wirbelsäulensegmenten dar. Es existieren keine Daten zur IHA an der HWS vor und nach CDA mit Berücksichtigung aller drei Bewegungsdimensionen und zusätzlichen Fokus auf laterale Belastungen.

Methodik: Es wurden 10 humane Halswirbelsäulensegmente C4-5 (83.2 ± 7.9 Jahre) mit einer etablierten Messapparatur unter intakten Bedingungen (IC) und nach CDA mit zwei unterschiedlichen Prothesetypen (1: Baguera®C, Spineart, Plan-les-Ouates, Schweiz; 2: Rhine®, Rhine Cervical Disc System, K2M Inc., Leesburg, Virginia, USA) unter Axialrotation, Lateralflexion und Inklination/Reklination untersucht. Vorlasten dienten der Simulation von Kopfgewicht und Muskelzug. Die IHA wurde hinsichtlich ihrer Ausrichtung und Position am Ruhepunkt (IHA0-Position) ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Für IC bestätigen die Ergebnisse aktuelle Referenzdaten. Während sich jedoch nach CDA für zentrale, ventrale und dorsale Vorlasten unspezifische Abweichungen zeigten, wurden unter lateralen Vorlasten für alle Bewegungsdimensionen nach dem Einbau beider Prothesen gleichermaßen signifikante strukturelle kinematische Veränderungen beobachtet. So wurden die IHA0-Positionen unter Axialrotation und Lateralflexion unter IC in die Richtung der lateralen Vorlasten verschoben, wohingegen dieser Versatz nach CDA zur entgegengesetzten Seite ausfiel. Ähnlich war während Lateralflexion die laterale Ausrichtung der IHA unter IC zur Seite der lateralen Vorlast geneigt, nach CDA verlief sie zur entgegengesetzten Seite. Bei Flexion/Extension war die laterale IHA-Ausrichtung unter IC nahezu vertikal, nach CDA hingegen zeigte sich eine deutliche Neigung zur Seite der angelegten Vorlast. Bei Axialrotation rotierte die axiale IHA-Ausrichtung zur Seite der angelegten lateralen Vorlasten, nach CDA rotierte sie zur entgegengesetzten Seite (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Diese strukturellen und in allen drei Bewegungsdimensionen auftretenden Veränderungen der Kinematik nach CDA unter lateralen Vorlasten sprechen für ein Unvermögen beider Prothesen, die physiologische Kinematik des Halswirbelsäulensegments unter lateraler Belastung zu erhalten. Da beide Prothesen gleichermaßen diese Schwäche aufzeigen, scheinen in diesem Fall weder ein semi-constrained Design mit polyethylen Kern (Rhine®, Rhine Cervical Disc System) noch ein Ball-and-Socket-Design (Baguera®C, Spineart) dieses Problem beheben zu können. Diese Erkenntnisse bieten neue Aspekte, das Prothesendesign zu optimieren. Eine Annäherung an physiologische Kinematik könnte eine Risikoreduzierung für Folgeerkrankungen wie Anschlusssegmentdegenerationen bedeuten.