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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Erhöhte Verletzungsraten bei gehörlosen Leistungssportlern – Ergebnisse im Rahmen einer retrospektiven Selbsteinschätzung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Bastian Mester - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
  • Kim Lennartz - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
  • Heinz-Lothar Meyer - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
  • Christina Polan - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
  • Paula Beck - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
  • Monika Herten - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
  • Marcel Dudda - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
  • Manuel Burggraf - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB95-2134

doi: 10.3205/23dkou588, urn:nbn:de:0183-23dkou5882

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Mester et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Bundesweit werden vom Deutschen Gehörlosen-Sportverband (DGSV) 170 Kaderathleten betreut, die leistungsabhängig an einer den Olympischen Spielen äquivalenten Veranstaltung – den „Deaflympics“ – partizipieren.

Die Leistungssportler nehmen regelhaft sowohl an Gehörlosen- als auch an Hörenden-Wettkämpfen der gleichen Sportart teil. Alle Kaderathleten sind dazu in zwei Vereinen startberechtigt. Diese Doppelbelastung resultiert möglicherweise in einer höheren Verletzungsinzidenz.

Ziel dieser Studie ist es, epidemiologische Daten über Verletzungen und sportartspezifische Erkrankungen im Gehörlosensport zu ermitteln. Die Datenlage ist unzureichend, es existiert hierzu bisher keine wissenschaftliche Aufarbeitung.

Methodik: Es handelt sich um eine retrospektive Untersuchung in Kooperation mit dem DGSV zu Verletzungen und sportartspezifischen Erkrankungen im Gehörlosensport. Mithilfe eines online-basierten Fragebogens wurden beim gehörlosen Kader-Athleten Daten zu Demographie, Sportart, Trainingsumfang und Wettkampfteilnahmen erhoben. Zudem wurden Anzahl und Art von Verletzungen sowie die damit verbundenen Ausfallzeiten abgefragt.

Es erfolgte die statistische Auswertung eines Kollektivs von n=65 Kaderathleten (w:m = 15:50; Alter 26,5 J.). Voraussetzung zur Studienteilnahme waren ein Mindestalter von 13 J. und die sportliche Betätigung als Gehörloser mit Organisation auf Vereinsebene sowie Betreuung als Kaderathlet durch den DGSV.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Fußball war mit 23% die am häufigsten ausgeübte Sportart. Die Dauer der Ausübung betrug im Mittel 14,1 J., mit 9,4 Trainingsstunden/Wo. n=44 gaben eine vorherige Teilnahme an internationalen Wettkämpfen (EM, WM, Deaflympics) an. 59/65 (91%) waren zusätzlich in einem Hörenden-Verein mit Wettkampfteilnahme angemeldet.

Nur 5% schätzten ein, dass Sie häufiger Verletzungen erleiden als hörende Sportler der gleichen Disziplin. Es wurden eine Arbeits-/Schulunfähigkeit von 7,2±15,9T (max 90) und Ausfallzeiten in der Hauptsportart aufgrund von Verletzungen von 13,6±24,9Wo (max 120) angegeben. Die längsten Ausfallzeiten resultierten dabei aus Verletzungen von Kniegelenk (9,6Wo) und Sprunggelenk/Fuß (6,9Wo).

Die Inzidenz von Verletzungen nach Lokalisation betrug für die Hand n=572, Sprunggelenk/Fuß 192, Hüfte 139, Schulter 129, Kniegelenk 104, Kopf 72, Wirbelsäule 38, Rumpf 38 und Ellenbogen 31 über die Gesamtkarrierezeiträume.

Von den Athleten wurde kein Zusammenhang zwischen den Einzelverletzungen und ihrer Hörminderung gesehen.

Die vorliegende Studie liefert erstmals epidemiologische Daten zu Selbstwahrnehmung und Sportverletzungen beim gehörlosen Kaderathleten in unterschiedlichen Disziplinen. Zusammenfassend scheinen gehörlose Leistungssportler häufiger von Verletzungen betroffen zu sein, welche jedoch zumindest subjektiv nicht auf die Höreinschränkung zurückgeführt werden. Perspektivisch kann hierfür das Bewusstsein in der Sportmedizin geschärft und eine bessere Prävention und Betreuung für Gehörlosensportler durch den Arzt herbeigeführt werden.