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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Bagatelltrauma mit schwerer Komplikation: Fallstricke des Pyoderma Gangraenosum

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Elena Wagenleitner - Sana Klinikum Offenbach, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Offenbach am Main, Germany
  • Richard Martin Sellei - Sana Klinikum Offenbach, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Offenbach am Main, Germany
  • Andreas Ladenburger - Sana Klinikum Offenbach, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, Offenbach am Main, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB90-3245

doi: 10.3205/23dkou535, urn:nbn:de:0183-23dkou5354

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Wagenleitner et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Weichteiltraumata sind häufig und in der Regel leicht zu behandeln. Komplikationen treten meist aufgrund von Infektionen oder vorbestehenden Gefäßerkrankungen auf. Eine seltene Differenzialdiagnose ist das Pyoderma gangraenosum, eine nicht infektiöse, ulzerierende Gangrän der Haut. Die Autoimmunerkrankung kann nach einem Weichteiltrauma einen schweren Defekt verursachen, der mit den üblichen Verfahren nicht behandelt werden kann. Es wird meist als Wundinfektion fehlinterpretiert, eine Antibiotikatherapie ist jedoch wirkungslos und jedes chirurgisches Debridement verschlimmert die Läsion. Leider existiert keine laborchemische oder histologische Untersuchung zur Diagnosesicherung. Die Therapie der Wahl ist die systemische Immunsuppression.

Methodik: Wir berichten den Fall eines Patienten mit oberflächlicher Nekrose der Haut nach einem Bagatelltrauma des Unterschenkels. Die übliche chirurgische Therapie führte bei initial verkanntem Pyoderma gangraenosum zu einem gravierenden Weichteilschaden. Wir analysieren unser Vorgehen und vergleichen dieses mit der vorhandenen Literatur.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Ein 62-jähriger Patient stellte sich mit oberflächlicher Nekrose 10 Tage nach Anpralltrauma des Unterschenkels und Versagen der ambulanten konservativen Behandlung in unserer Klinik vor. Er litt unter starken lokalen Schmerzen mit Schwellung und Rötung sowie Fieber und Schüttelfrost. Es bestanden eine Leukozytose und CPR-Erhöhung. Trotz intravenöser antiinfektiver Therapie trat am Folgetag eine Größenprogredienz ein. Auch eine Nekrektomie mit VAC-Anlage führte nicht zu einer Besserung. Es entwickelte sich eine zirkuläre Nekrose mit lividem Randsaum. Trotz Eskalation der antiinfektiven Therapie und wiederholtem Wunddebridement kam es zu einem Progress. Die lokale Verschlechterung wurde als bakterielle Superinfektion fehlinterpretiert. Alle mikrobiologischen Präparate blieben jedoch steril. Nach interdisziplinärer Reevaluation wurde ein Pyoderma gangraenosum diagnostiziert. Alle bisherigen Behandlungsschritte wurden eingestellt. Eine systemische Immunsuppression mittels Prednisolon führte zu einer Schmerzlinderung, das lokale Fortschreiten konnte jedoch nur durch Azathioprin gestoppt werden.

Unseres Wissens nach ist dies der erste beschriebene Fall eines Pyoderma gangraenosum nach einem Anpralltrauma ohne knöcherne Verletzung oder initial schwerer Weichteilschädigung. Komplexe Wunden der unteren Extremitäten stellen eine heterogene Gruppe dar. Das Spektrum reicht von lokalen Infektionen bis hin zu extremitätenbedrohenden Prozessen. Der Fall zeigt die Diskrepanz zwischen der Ausgangsläsion, dem vermeintlich klaren Behandlungskonzept bei lokaler Nekrose und dem daraus resultierenden Verlauf. Das Behandlungskonzept muss bei einem unerwarteten Verlauf reevaluiert und die Therapie angepasst werden. Dieser Fall illustriert die Fallstricke einer seltenen, aber gefährlichen Erkrankung und soll die Aufmerksamkeit auf diese Differenzialdiagnose bei therapieresistenten Weichteildefekten lenken.