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Nicht-invasives Monitoring des drohenden Kompartmentsyndrom: Entscheidung gegen eine Fasziotomie mit Hilfe von „Pressure Related Ultrasound“
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Veröffentlicht: | 23. Oktober 2023 |
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Fragestellung: Das drohende Kompartmentsyndrom stellt uns klinisch bis heute vor die problematische Herausforderung der richtigen Entscheidungsfindung für oder gegen eine Fasziotomie. Das Dogma der Faszienspaltung „in dubio pro reo“ im Sinne der großzügigen Operationsindikation gilt als unzeitgemäß. Insbesondere die zunehmende juristische Bedeutung des sicheren Nachweises und Dokumentation eines akuten Kompartmentsyndroms wird heute zur Recht gefordert, da die Faszienspaltung mit Komplikationen und Spätfolgen einhergehen kann.
Das hier präsentierte Fallbeispiel zeigt das Potenzial eines neuen, nicht-invasive und Ultraschall gestützten Verfahrens zur Beurteilung des intrakompartimentellen Drucks nach einer Unterschenkelfraktur.
Methodik: Eine 29-jährige Patientin erlitt bei einem Sportunfall mit einem direkten Trauma mit Distorsion im Sprunggelenk eine komplette Unterschenkelfraktur. Die Indikation zur operativen Versorgung mittels eines anterograde aufgebohrten Tibianagel wurde unmittelbar gestellt und in die Wege geleitet. Die hier verwendete Diagnostik wurde durch unsere Arbeitsgruppe entwickelt und bereits in klinischen Studien untersucht. Bei dem Verfahren des „Pressure Related Ultrasound“ wird ein Linearschallkopf mit einem Druckaufnehmer (Fa. Meridian, VeinPress) gekoppelt. Die
Kompartmenttiefe wird mit dem US vermessen, wobei die Tiefe mit geringerKompression von 10 mmHg (P10) und mit einem Sondendruck von 80 mmHg (P80) bestimmt wird. Hieraus resultiert der relative Elastizitätsquotient (RE in %), der sich in Abhängigkeit des Kompartmentdrucks (ICP) verändert. Bei der vorgestellten Patientin wurden Messungen preoperativ, postoperativ und im Verlauf durchgeführt. Zusätzlich wurde die klinische Beurteilung und Symptomatik im Verlauf dokumentiert.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Nach initialer moderater Weichteilschwellung präoperativ, entwickelte die Patientin eine zunehmende postoperative Schwellung, die sich langsam über 6 Stunden entwickelte. Hinzu kam eine Dysästhesie im Index-Dermatom des n. peroneus superfizialis. Die im Verlauf durchgeführte nicht-invasive repetetive Messung der relativen Elastizität ergab preoperative einen Wert von 26%, postoperativ von 16% und nach 6 Stunden einen kritischen Wert von 7,5%. im weiteren Verlauf war dieser rückläufig (9% nach weiteren 4 Stunden und über 10% nach weiteren 4 Stunden), so dass auf eine Fasziotomie verzichtet wurde.
Die Ausheilung erfolgte schließlich mit einer „Restitution ad integrum“.
Dieses Beispiel zeigt, wie das neue Verfahren zum Monitoring genutzt werden kann.