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Kann die Belastung durch wiederholte tonisch-klonische Anfälle die Glenoidversion bei Epilepsiepatienten beeinflussen?
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Veröffentlicht: | 23. Oktober 2023 |
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Fragestellung: Patienten mit Epilepsie können an einem breiten Spektrum unterschiedlicher Schulterverletzungen leiden, wobei „seltene“ Schulterverletzungen, wie bilaterale Schulterläsionen und posteriore Luxationen, sehr häufig vorkommen. Bei Patienten mit posteriorer Instabilität wurde eine verstärkte Retroversion des Glenoids festgestellt, jedoch ist unklar, ob knöcherne Veränderungen prädiktiver oder adaptiver Genese sind. Während eines tonisch-klonischen Anfalls befindet sich die Schulter häufig in einer Position der Adduktion, Innenrotation und Flexion. In dieser Position wird der Humeruskopf durch Kontraktion von M. infraspinatus, M. teres minor, M. deltoideus, M. latissimus und M. major nach kranial und posterior gegen das Glenoid gezogen. Diese Kraft kann entweder den Humerus akut nach posterior dislozieren oder plastische Deformitäten verursachen, die insbesondere im Entwicklungsalter eine Relevanz haben können. Das Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, ob die Häufigkeit tonisch-klonischer epileptischer Anfälle den Glenoidversionswinkel beeinflusst.
Methodik: Patienten, die an ein tertiäres Epilepsiezentrum überwiesen wurden und an verschiedenen Formen von Epilepsie mit tonisch-klonischen Episoden (generalisierte tonisch-klonische Anfälle und bilaterale tonisch-klonische Anfälle) litten, wurden eingeschlossen. Die Dauer der Epilepsie und die Häufigkeit tonisch-klonischer Anfälle wurden erfasst und die glenoidale Version nach Friedmann et al. sowie die humerale posteriore Subluxation wurden an axialen MRT-Rekonstruktionen gemessen. Die kumulative tonisch-klonische Anfallslast (tonic-clonic seizure burden, TCSB) wurde berechnet, indem die Dauer der Epilepsie mit der Anzahl der jährlichen tonisch-klonischen Anfälle multipliziert wurde, um Patienten mit einem niedrigen TCSB (< 50) mit denen mit einem höheren TCSB (> 50) zu vergleichen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Klinische und radiologische Daten wurden für 56 Epilepsiepatienten gesammelt. 37 Patienten hatten einen niedrigen TCSB und 19 einen hohen TCSB (Alter: 33 ± 10,95 versus 37,63 ± 12,02, p: n.s.; TCSB: 13,2 ± 14,7 versus 274 ± 225, p < 0,0001). Patienten mit hohem TCSB hatten eine signifikant größere Retroversion des Glenoids als Patienten mit niedrigem TSCB (rechte Schulter: 7,45 ± 7,06° versus 3,31 ± 4,97°, p = 0,02; linke Schulter: 6,37 ± 4,90° versus 1,51 ± 4,51°, p = 0,001). Beim Subluxationsindex wurden zwischen den beiden Gruppen keine signifikanten Unterschiede festgestellt (rechte Schulter 55 ± 7% versus 53 ± 5%, p: n.s.; linke Schulter: 55 ± 5% versus 53 ± 5%, p: n.s.).
Epileptiker mit häufigen tonisch-klonischen Anfällen zeigen eine höhere Glenoid-Retroversion im Vergleich zu Patienten mit seltenen tonisch-klonischen Anfällen. Dies könnte der Effekt einer plastischen Verformung des Glenoids während des Wachstums sein, die durch wiederholte nach hinten gerichtete starke Muskelkontraktion während tonisch-klonischer Anfälle verursacht wird.