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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Frühes Glykokalyx Shedding, Multiorganversagen und Outcome nach Polytrauma

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Mareen Braunstein - Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Muskuloskelettales Universitätszentrum München (MUM), Klinikum der Universität München, LMU München, München, Germany
  • Thorsten Annecke - Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Kliniken der Stadt Köln- Krankenhaus Köln-Merheim, Köln, Germany
  • Kathrin Frey - Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Muskuloskelettales Universitätszentrum München (MUM), Klinikum der Universität München, LMU München, München, Germany
  • Thomas Kusmenkov - Klinik für Unfall-, Hand und Wiederherstellungschirurgie, Niels-Stensen-Kliniken, Marienhospital Osnabrück, Osnabrück, Germany
  • Ludwig Ney - Klinik für Anästhesiologie, Klinikum der Universität München, LMU München, München, Germany
  • Johannes Tschoep - Abteilung für Anästhesiologie, Bezirkskliniken Schwaben, Bezirkskrankenhaus Günzburg, Günzburg, Germany
  • Wolfgang Böcker - Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Muskuloskelettales Universitätszentrum München (MUM), Klinikum der Universität München LMU München, München, Germany
  • Viktoria Bogner-Flatz - Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Muskuloskelettales Universitätszentrum München (MUM), Klinikum der Universität München LMU München, München, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB19-2461

doi: 10.3205/23dkou052, urn:nbn:de:0183-23dkou0529

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Braunstein et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Ein profundes Verständnis der komplexen Pathophysiologie der posttraumatischen Immundysregulation ist Voraussetzung für die Entwicklung effektiver Therapiestrategien. Der traumatisch-hämorrhagische Schock geht mit einer frühen posttraumatischen Schädigung der endothelialen Glykokalyx einher. Das Shedding von Glykokalyxkomponenten führt über eine Aktivierung des unspezifischen Immunsystems zu einer zusätzlichen Verstärkung dieser systemischen posttraumatischen Inflammationsreaktion und gilt auch als wesentlicher Treiber einer Trauma-induzierten Koagulopathie (TIC). In der vorgestellten Studie erfolgte die Untersuchung des Trauma-induzierten endothelialen Glykokalyx Shedding in Zusammenhang mit definierten klinischen Parametern in der frühen posttraumatischen Phase.

Methodik: PatientInnen mit einem Injury Severity Score (ISS) ≥16, die innerhalb von 60 Minuten nach Trauma den Schockraum unserer Klinik erreichten, wurden in diese prospektive Studie eingeschlossen und entsprechend folgender vordefinierter klinischer Kriterien gruppiert: Verletzungsschwere (ISS), Multiorganversagen (Multi Organ Failure (MOF)-Score≥6), Massentransfusion ( ≥10 Erythrozytenkonzentrate/24 h nach Trauma), Koagulopathie (Quick< 70% zum 0h Zeitpunkt) and Überleben (90-Tage). Die Bestimmung der Syndecan-1- and Hyaluronan-Konzentrationen erfolgte unmittelbar nach Aufnahme im Schockraum (0h) und erneut nach 6 and 12 Stunden posttraumatisch.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt wurden 49 PatientInnen (männlich/weiblich=32/17; mittlerer ISS 35,7 ±12,1 SD, mittleres Alter 45,78 ±15,6 SD) eingeschlossen. 37 Patienten (75,5%) überlebten das Unfallereignis im 90-Tage-Betrachtungsintervall, 12 Patienten (24,5%) verstarben in diesem Zeitraum. 77% der PatientInnen entwickelten ein Multiorganversagen innerhalb von 12 h nach Trauma (MOF<6, n=19; MOF ≥6, n=30). Der initiale Quick war bei der 0h-Blutabnahme bei 18 PatientInnen≥70%, 31 PatientInnen hatten eine Quick<70%.

Die Plasmakonzentration von Hyaluronan zeigten eine signifikante Dynamik im frühen posttraumatischen Intervall (p=0.001). PatientInnen mit einem Multiorganversagen wiesen signifikant höhere Plasmakonzentrationen von Syndecan-1 (6 h; p=0,006) und Hyaluronan (12 h; p<0,001) auf. PatientInnen, die das Trauma nicht überlebten, zeigten einen signifikanten Syndecan-1 Anstieg zum 12 h-Zeitpunkt (p=0,024). Die Plasmakonzentration von Hyaluronan war bei PatientInnen mit initialer Koagulopathie im Vergleich zu PatientInnen ohne Koagulopathie signifikant erhöht (12 h; p=0,006).

Bereits in der unmittelbaren posttraumatischen Phase weisen polytraumatisierte PatientInnen eine vermehrte Freisetzung der Glykokalyxkomponenten Syndecan-1 und Hyaluronan auf. Diese signifikanten Erhöhungen der Plasmakonzentrationen innerhalb der ersten 12 h nach Trauma können uns helfen, Subgruppen zu identifizieren, die im weiteren posttraumatischen Verlauf ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Multiorganversagens oder für ein posttraumatisches Versterben aufweisen.