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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023)

24. - 27.10.2023, Berlin

Die postoperative Fußheberschwäche nach Wadenmuskelverlängerung bei Kindern mit uni- und bilateraler spastischer Cerebralparese – eine unterschätzte Pathologie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Leonie Bartsch - Universitätsklinikum Heidelberg, Orthopädische Klinik, Heidelberg, Germany
  • Marco Götze - Universitätsklinikum Heidelberg, Orthopädische Klinik, Heidelberg, Germany
  • Lara Petzinger - Universitätsklinikum Heidelberg, Orthopädische Klinik, Heidelberg, Germany
  • Sebastian Wolf - Universitätsklinikum Heidelberg, Orthopädische Klinik, Heidelberg, Germany
  • Axel Horsch - Universitätsklinikum Heidelberg, Orthopädische Klinik, Heidelberg, Germany
  • Cornelia Putz - Universitätsklinikum Heidelberg, Orthopädische Klinik, Heidelberg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2023). Berlin, 24.-27.10.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocAB11-3295

doi: 10.3205/23dkou002, urn:nbn:de:0183-23dkou0022

Veröffentlicht: 23. Oktober 2023

© 2023 Bartsch et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Demaskiert sich bei Kindern mit unilateraler spastischer Cerebralparese nach einer Wadenmuskelverlängerung bei neurogenem Spitzfuß häufiger eine Fußheberschwäche als bei bilateral betroffenen Kindern?

Methodik: Retrospektive Auswertung der Registerdaten von 167 Kindern zwischen 5 und 17 Jahren (20 Beine unilateral, 257 Beine bilateral an 147 bilateral betroffenen Kindern), welche im Zeitraum von 2002 bis 2021 eine operative Wadenmuskelverlängerung (isoliert oder im Rahmen eines Mehretagen-Eingriffes) in unserem Zentrum erhielten. Prä- und postoperativ wurden eine instrumentierte 3D-Ganganalyse und eine standardisierte klinisch-neuroorthopädische Untersuchung durchgeführt.

Der Zielparameter war die mittlere Dorsalextension in der mittleren Schwungphase in der Ganganalyse. Diese wurde prä- und postoperativ verglichen, zwischen beiden Gruppen und mit einer Referenzgruppe, welche 24 gesunde Kinder umfasste. Eine Dorsalextension in der mittleren Schwungphase unterhalb des Referenzbereiches von gesunden Kindern (Mittelwert ± 1 Standardabweichung) wurde als postoperative Fußheberschwäche klassifiziert.

Zusätzlich wurden Kraft und Bewegungsausmaß der Dorsalextension in der klinischen Untersuchung analysiert.

Ergebnisse: Mit einer Plantarflexion in der mittleren Schwungphase von im Median 11° (unilateral) und 8° (bilateral) ohne signifikanten Gruppenunterschied (p=0,19) lag in beiden Gruppen präoperativ ein Spitzfuß vor. In beiden Gruppen nahm die Dorsalextension in der mittleren Schwungphase therapiebedingt zu, im Median um 10° (unilateral) bzw. 11° (bilateral). Die unilateral betroffenen Kinder wiesen postoperativ jedoch eine signifikant geringere Dorsalextension in der mittleren Schwungphase auf als die bilateral Betroffenen (unilateral 3° Plantarflexion, bilateral 4° Dorsalextension, p<0,001). Eine Fußheberschwäche konnte damit bei 55% der unilateral betroffenen Kinder festgestellt werden, verglichen mit nur 20% der bilateral betroffenen. In der klinischen Untersuchung zeigten sich keine signifikanten Gruppenunterschiede.

Bei 50% der untersuchten Beine von unilateral betroffenen und bei 15% derjenigen von bilateral betroffenen Kindern wurde in gleicher Operationssitzung ein Sehnentransfer zur Unterstützung der Fußhebung durchgeführt. Bei unilateral Betroffenen unterschied sich die Fußheberfunktion nicht signifikant in Abhängigkeit eines stattgehabten Sehnentransfers. Bei bilateral Betroffenen, die einen Sehnentransfer erhielten, wurde hingegen signifikant häufiger eine Fußheberschwäche festgestellt als bei Kindern ohne Sehnentransfer (p<0,001).

Schlussfolgerung: Bei Kindern mit unilateraler Cerebralparese demaskiert sich nach Wadenmuskelverlängerung häufiger eine Fußheberschwäche als bei bilateral betroffenen Kindern. Die mögliche eingeschränkte Funktion der Fußhebung muss bereits bei der Indikationsstellung und Planung eines solchen Eingriffes berücksichtigt werden. Weitere Untersuchungen zum Einfluss von Sehnentransfers zur Fußhebung sind notwendig.