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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Neuartiges Becken-Test-Setup mit Muskelsimulation zur biomechanischen Untersuchung von Insuffizienzfrakturen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Laura Zengerle - Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Ulm, Germany
  • Ivan Marintschev - Klinik für Unfall-,Hand-und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany
  • Christian Liebsch - Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Ulm, Germany
  • Oliver Toschka - Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Ulm, Germany
  • Marc Florian Gras - Klinik für Unfall-,Hand-und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Jena, Jena, Germany
  • Hans-Joachim Wilke - Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Ulm, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB79-819

doi: 10.3205/22dkou636, urn:nbn:de:0183-22dkou6365

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Zengerle et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Durch den demografischen Wandel nimmt die Anzahl von Insuffizienzfrakturen am Becken zu. Verschiedene Stabilisierungsmethoden wurden bereits biomechanisch am isolierten Becken untersucht. Der stabilisierende Einfluss des Muskelapparats blieb bislang jedoch unberücksichtigt. Ziel dieser Studie war es, ein neuartiges Test-Setup mit Muskelsimulation zu entwickeln und ein Frakturmodell zu etablieren, mit dem Insuffizienzfrakturen biomechanisch unter physiologischeren Bedingungen untersucht werden können.

Methodik: An acht humanen Beckenpräparaten (BMD: 75,5 mgCaHA/cm³ (40 - 111), Alter: 75,5 Jahre (51 - 90)) wurden zwei häufig auftretende relevante Insuffizienzfrakturen (Beckenringfraktur FFP Ia und bilaterale, transalare Fraktur FFP IIb, nach Rommens) sowie die operative Versorgung mit einer S1-Schraube biomechanisch verglichen. Dafür wurde ein Beckenaufbau entwickelt und in einen Wirbelsäulenbelastungssimulator integriert (Abbildung 1 [Abb. 1]), um einen Zweibeinstand und einen Wechselstand zu simulieren. Die Belastungen wurden in einer niedrigeren und einer höheren Laststufe über die beiden Femora (je 200 N bzw. 300 N) und zwei Muskelzug-Paare (M. Iliacus, M. Gluteus maximus, je 80 N bzw. 100 N) in das Präparat eingeleitet. Die Frakturen wurden standardisiert mit einer elektrischen Schwingsäge gesetzt. Die relativen Verschiebungen der gesetzten Frakturspalte wurden mit einem Bewegungsanalysesystem gemessen und der jeweils dritte Belastungszyklus pro Laststufe und Stand-Art ausgewertet. Die Ergebnisse wurden in SPSS statistisch mit dem Friedmann-Test untersucht (α = 0,05).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Mit dieser Methode war es möglich, alle Becken sowohl im Zweibeinstand als auch im Wechselstand mit dem niedrigeren Belastungsszenario und bis auf ein Becken (BMD: 83,1 mgCaHA/cm³, Alter: 77 Jahre) auch bei der höheren Belastung von 300 N untersuchen. Die Ergebnisse der relativen Verschiebungen zeigten, dass durch die beiden Frakturmodelle das Becken signifikant (Ia: p = 0,018, IIb: p = 0,012) destabilisiert wurde. Diese Fraktur konnte mit der S1-Schraube wieder stabilisiert werden, jedoch nicht vollständig.

Mit dem neu entwickelten Beckenaufbau ist es möglich, Becken auch nach Insuffizienzfraktur biomechanisch unter Berücksichtigung wichtiger Muskeln und unter verschiedenen physiologischen Last- und Bewegungsbedingungen zu untersuchen. Das Frakturmodell (IIb nach Rommens) bildet sehr gut den instabilen Zustand ab, der durch Insuffizienzfrakturen hervorgerufen wird. Das klinische Outcome durch Implantation einer S1-Schraube konnte reproduziert werden. Aus biomechanischer Sicht ist es sinnvoll, an weiteren Fixationsmethoden zu forschen, mit denen Insuffizienzfrakturen hinreichend stabilisiert werden können.