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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Physiotherapie und Hilfsmittelnutzung in der frühen Rehabilitationsphase nach Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands – Daten aus der CAMOPED-Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Robert Prill - Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Brandenburg an der Havel, Germany
  • Caroline Schmidt-Lucke - MEDIACC (Medizinisch-academische Forschungsberatung), Berlin, Germany
  • Willi Karaszewski - MEDIACC (Medizinisch-academische Forschungsberatung), Berlin, Germany
  • Roland Becker - Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Brandenburg an der Havel, Germany
  • Ana Pekanovic - MEDIACC (Medizinisch-academische Forschungsberatung), Berlin, Germany
  • Ulrich Stöckle - Charité Universitätsmedizin, Berlin, Germany
  • Nikolaus Streich - SPORTOPAEDIE Heidelberg, Heidelberg, Germany
  • Jürgen Höher - SPORTSCLINIC COLOGNE, Köln, Germany
  • Christopher Böddeker - PhysioSTA, Starnberg, Germany
  • Mirco Herbort - Orthopädische Chirurgie München, München, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB77-403

doi: 10.3205/22dkou613, urn:nbn:de:0183-22dkou6133

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Prill et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Grundlage für die leitliniengerechte Empfehlung und weitere Entwicklung von kosteneffektiven und wirksamen Innovationen in der frühen postoperativen Rehabilitation nach Knieverletzungen ist die standardisierte Erfassung der tatsächlichen Versorgungsrealität.

Methodik: Im Rahmen der laufenden prospektiven, stratifiziert randomisierten, kontrollierten, einfach verblindeten, multizentrischen CAMOPED-Studie (DRKS00021739) bei Z. n. chirurgischer Versorgung nach vorderer Kreuzbandruptur (VKBR), wurden die jeweiligen a) Verordnungen, b) durchgeführten physiotherapeutischen Maßnahmen und c) Nutzung von Hilfsmitteln in einer explorativen Analyse erfasst. Patienten und ihre Physiotherapeuten erhielten ein standardisiertes Physiotherapie-Empfehlungsprotokoll (6 Rehabilitationsphasen bis 12 Monate), waren aber frei in der tatsächlichen Durchführung bzw. Nutzung allein nach klinischer Indikation. Der Bericht erfolgte standardisiert und zeitabhängig von Patienten (n=71) und von ihren selbst gewählten Physiotherapeuten (n=65).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Innerhalb von 2-10 Wochen postoperativ erhielten 90% der Patienten insgesamt 643 Einheiten Physiotherapie (Median: 10 [9 - 12]). Am häufigsten waren manuelle Mobilisierungen (48%) und Dehnung der Oberschenkelmuskulatur (14%), Teilbelastung (15%), gefolgt von Kühlung (11%), statische motorische Kontrolle der kontralateralen Seite (8%) sowie Rumpf- und Schulterkontrolle (6%). Die manuellen Maßnahmen fanden überwiegend in den Wochen 2 - 8 statt, Dehnung der Muskulatur nach 5 bzw. 9 Wochen, Kühlungen erwartungsgemäß bis Woche 3, statische motorische Kontrolle beginnend ab Woche 3 bis 7 und Rumpf- und Schulterkontrolle beginnend nach Woche 6. Bereits 6 Wochen postoperativ nutzen 50% der Patienten das Ergometer. Orthesen wurden von initial 80% bis 6 Wochen postoperativ genutzt. Patienten mit VKBR und Meniskusverletzung nutzten Gehhilfen und Orthesen über einen längeren Zeitraum postoperativ als bei isolierter VKBR (Kaplan Meier 14.4 95% CI 3.1.-4.3) p<001). Nach 7 bzw. 9 Wochen waren jeweils 50% wieder zurückgekehrt zur Arbeit bzw. Sport. Ca. 60% der Praxen behandelten zwischen 0 und 20 und ca. 26% mehr als 40 VKBR-Patienten / Jahr, 75% der Praxen mit mehr als 5 Jahren Erfahrung. 33% der Praxen gaben ein Standardvorgehen an. Die übrigen Praxen orientierten sich - sofern vorhanden - an ärztliche Vorgaben und eigenen Erfahrungswerte (je ca. 50%).

Die Daten aus dieser prospektiven und standardisierten Erfassung geben die Versorgungsrealität der postoperativen Rehabilitation in Deutschland wieder. Durch die fehlende Praxis einer leitlinienkonformen Physiotherapie für diese exemplarische Indikation lassen sich wissenschaftliche Daten im Rahmen von größeren höherwertigen Studien nicht standardisiert erheben. Dies sollte Anlass geben, die Entwicklung physiotherapeutischer Leitlinien, wie in vielen anderen Ländern, zu fokussieren und somit die Wirksamkeit und Kosteneffizienz der Versorgung zu steigern.