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Bluttransfusionen in der elektiven Primärendoprothetik sind selten und vorhersehbar
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Veröffentlicht: | 25. Oktober 2022 |
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Fragestellung: Patient Blood Management (PBM) führt zu einer Reduktion der verabreichten Erythrozytenkonzentrate in der Primärendoprothetik. Durch evidenzbasierte Maßnahmen wie Tranexamsäuregabe, präoperative Anämiediagnostik sowie Implementierung von Transfusionskriterien kann die perioperative Transfusionswahrscheinlichkeit reduziert werden. Ziel der vorliegenden Studie war es, zu ermitteln, ob das Vorhalten patientenspezifischer Erythrozytenkonzentrate notwendig ist oder eine zeitnahe Bestellung im Bedarfsfall ausreicht.
Methodik: Es erfolgte die retrospektive Analyse aller Patient*innen, die im Kalenderjahr 2021 konsekutiv elektiv mittels Endoprothese bei Coxarthrose (HEP) oder Gonarthrose (KEP) in einem Endprothesenzentrum versorgt worden sind. Eine Analyse des Hämoglobinwertes erfolgte für alle Patient*innen präoperativ, zur Entlassung, sowie gegebenenfalls zum Transfusionszeitpunkt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt wurden 3.070 Patient*innen eingeschlossen. Es wurden 1.512 Patient*innen mit einer HEP versorgt, 490 Patient*innen mit einer unikondylären und 1.068 Patient*innen mit einer bikondylären KEP. Das mittlere Alter betrug zum Operationszeitpunkt 68,4 Jahre (35-93 Jahre), der mittlere BMI betrug 30,1kg/m2 (17,7-55,6 kg/m2). Bei 45 der 3.070 Patient*innen (35 Frauen, 10 Männer) erfolgte eine Bluttransfusion (1,5%). Davon erhielten 40 (89%) eine HEP (Transfusionsrate 2,7%) und 5 Patienten (10,8%) eine bikondyläre KEP (Transfusionsrate 0,46%). Kein*e Patient*in wurde nach unikondylärer KEP transfundiert.
Im Mittel wurden 1,8 Erythrozytenkonzentrate (1-5) transfundiert. Während der Operation erfolgte keine Transfusion, am Operationstag lediglich zwei (0,06% aller Patienten). Die erste Transfusion wurde im Mittel bei einem Hämoglobinwert von 4,9 mmol/l (3,9-7,1 mmol/l) indiziert. Die Gruppe der transfundierten Patienten war älter (75,3 vs. 68,3 Jahre), leichter (BMI 28 vs. 30 kg/m2), und kränker (ASA 2,4 vs. 2,2). Der Anteil der Frauen war höher (w:m 7,5:2 vs. 3:2) als in der Gruppe der nichttransfundierten Patienten. Der präoperative Hämoglobinwert war bei transfundierten Patienten signifikant (p<0,001) niedriger (6,95 mmol/l ± 0,13) als bei nicht transfusionspflichtigen Patienten (8,24 mmol/l ± 0,16).
Eine niedrige präoperative Hämoglobinkonzentration des älteren, kränkeren Patienten scheint der wesentliche Prädiktor für eine später notwendige Bluttransfusion zu sein. Eine notfallmäßige Gabe war in keinem Falle notwendig, weshalb eine Transfusion im Fall einer postoperativen Anämie mit zeitlich begrenzter Verzögerung durch Logistikprozesse ausreichend sicher scheint. Gegebenenfalls sollte das Bereithalten von Erythrozytenkonzentraten der Blutgruppe 0 Rhesus-negativ sowie die Anwendung von Blutrückgewinnungsverfahren erwogen werden.