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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Stairway to Hospital: Die Mortalität älterer polytraumatisierter Patienten nach einem Treppensturz

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Marlon Tessarzyk - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Hamburg, Germany
  • Christopher Cramer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Hamburg, Germany
  • Karl-Heinz Frosch - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Hamburg, Germany
  • Holger Kleinertz - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Hamburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB60-670

doi: 10.3205/22dkou467, urn:nbn:de:0183-22dkou4677

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Tessarzyk et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Während im jungen Alter häufig Hochrasanztraumata zu schweren Verletzungen führen, sind es bei älteren Patienten eher Unfälle mit niedrigerer Energie. Eine herabgesetzte körperliche Aktivität mit erhöhter Fallneigung, abgeschwächter Reflexfähigkeit sowie eventuelle Polypharmazie und eine geringere Knochendichte bedingen andere Unfallfolgen bzw. Unfallschwere als in der jüngeren Population. In dieser Studie wurde das Verletzungsmuster sowie die Mortalität von älteren schwerverletzten Patienten nach Treppenstürzen mit anderen Unfallmechanismen verglichen.

Methodik: Diese retrospektive Datenanalyse schließt über den Schockraum aufgenommene Patienten ab 65 Jahren, die eine CT-Traumaspirale bekommen haben und einen New Injury Severity Score (NISS) ≥ 16 hatten, ein. Der Unfallmechanismus wurde als Sturz mit niedriger Energie (< 3 m), Sturz mit hoher Energie (> 3 m), Autounfall mit niedriger Energie (< 50 km/h), Autounfall mit hoher Energie (> 50 km/h), Bagatelltrauma, Treppensturz und Andere eingeteilt. Der Abbreviated Injury Scale (AIS), Injury Severity Score (ISS), NISS und American Society of Anesthesiologists (ASA) Score wurden erfasst.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: 201 Patienten konnten in einem Zeitraum von 6 Jahren eingeschlossen werden, von denen 1/4 (23,9%) einen Treppensturz erlitten. Im Median waren die Patienten 76 (IQR 71-82) Jahre alt, hatten einen ASA von 2 (IQR 2-3), einen ISS von 24 (IQR 17-29) und einen NISS von 29 (IQR 22-41). Während des Krankenhausaufenthaltes sind 60 Patienten (29,9%) verstorben. Patienten, die einen Treppensturz erlitten, sind im Vergleich zu anderen polytraumatisierten Patienten signifikant häufiger verstorben (41,7% vs. 26,1%, p = 0,040), waren jedoch nicht signifikant älter (p = 0,108) und wiesen keinen signifikanten Unterschied im ISS (p = 0,534), NISS (p = 0,168) oder ASA (p = 0,497) auf. Patienten, die eine Treppe heruntergefallen sind, hatten signifikant häufiger schwere AIS ≥ 3 Kopfverletzungen (85,4% vs. 58,8%, p < 0,001) und weniger AIS ≥ 3 Verletzungen der Extremitäten (8,3% vs. 29,4%, p = 0,002).

Treppenstürze werden weder in der aktuellen S3 Polytrauma Leitlinie erwähnt, noch gelten sie bisher als Aktivierungskriterium für einen Schockraum. Die vorliegenden Daten zeigen jedoch, dass Treppenstürze einer der häufigsten Gründe für schwere Verletzungen im hohen Alter sind. Ältere schwerverletzte Patienten sind nach einem Treppensturz im Vergleich zu anderen polytraumatisierten Patienten signifikant häufiger verstorben, was nach unseren Daten mit der hohen Rate an schweren Kopfverletzungen begründet werden kann. Dementsprechend erscheint es sinnvoll, Treppenstürze bei Patienten ab 65 Jahren zu den Kriterien einer Schockraumaktivierung zu zählen. Eine erweiterte computertomografische Untersuchung mit Darstellung des Kopfes sollte niederschwellig angestrebt werden.