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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Präklinische Blutgabe beim Polytrauma – Erfahrungen aus der Luftrettung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Veronika Weichert - Unfallchirurgie, BG Klinikum Duisburg, Universitätsmedizin Essen, Universität Duisburg-Essen, Duisburg, Germany
  • Marko Brade - Anästhesiologie/Intensivmedizin, BG Klinikum Duisburg, Duisburg, Germany
  • Sascha Zeiger - Zentrum für Notfallmedizin, BG Klinikum Duisburg, Feuerwehr Duisburg, Duisburg, Germany
  • André Nohl - Unfallchirurgie, BG Klinikum Duisburg, Universitätsmedizin Essen, Universität Duisburg-Essen, Duisburg, Germany
  • Eva Steinhausen - Unfallchirurgie, BG Klinikum Duisburg, Universitätsmedizin Essen, Universität Duisburg-Essen, Duisburg, Germany
  • Marcel Dudda - Unfallchirurgie, BG Klinikum Duisburg, Universitätsmedizin Essen, Universität Duisburg-Essen, Duisburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB59-1187

doi: 10.3205/22dkou461, urn:nbn:de:0183-22dkou4616

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Weichert et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Trauma ist die häufigste Todesursache bei Patienten unter dem 45.Lebensjahr. Etwa die Hälfte der Todesfälle wird durch Verbluten verursacht. In der Präklinik begegnet man bei polytraumatisierten Patienten neben Extremitätenblutungen, die gut durch Kompressionsverbände oder Tourniquetanlage adressierbar sind, v.a. Blutungsquellen im Stammbereich, die nur chirurgisch operativ beherrschbar sind.

Zur Behandlung des hämorrhagischen Schocks kommen an immer mehr Standorten die präklinische Blut- und Gerinnungsfaktorgabe zum Einsatz. Bisher besteht kein einheitlicher wissenschaftlicher Konsens bezüglich einer präklinischen Transfusion.

Deshalb ist die nähere Betrachtung an einem zentralen Luftrettungszentrum mit traumatologischen Versorgungsschwerpunkt von großem Interesse, an dem die präklinische Blutgabe etabliert ist.

Methodik: Es erfolgte eine retrospektive Analyse der Patienten, bei denen zwischen 04/19 und 12/21 Präklinische Transfusionen durchgeführt wurden. Verglichen wurden die Traumagenese und -schwere mit kritischer Betrachtung der Indikationsstellung.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im o.g. Zeitraum erhielten 23 Patienten eine präklinische Transfusion, alle Patienten erhielten 2 Erythrozytenkonzentrate, 1g Tranexamsäure und 2g Calcium, 12/23 erhielten zusätzlich 2g Fibrinogen.

Die Indikationsstellung erfolgte bei entsprechendem Traumamechanismus mit vermuteten schweren Verletzungsmuster und bestehender hämodynamischer Instabilität bzw. traumatisch bedingten Herzkreislaufstillstand mit Hämorrhagie als vermutete Ursache.

Von den insgesamt 23 transfundierten Patienten verstarben 15, davon 3 direkt an der Einsatzstelle. 5 Patienten erreichten mit Transfusion noch die Klinik, verstarben jedoch dort in der ersten Stunde. 3 Pat. wurden unter Reanimation transportiert und währenddessen transfundiert, 4 verstarben im Zeitraum von 24h nach Trauma.

Insgesamt 8 aus dem Kollektiv überlebten. Davon hatten 3 sicher einen hämorrhagischen Schock, 2 sicher keinen, bei den übrigen 3 war eine weiterführende Eruierung aufgrund der Verbringung in eine Fremdklinik nicht möglich.

Bei der Analyse der Verletzungsmuster zeigten sich Extremitätenverletzungen (45,5%), Thoraxtrauma (45%), Beckentrauma (36,4%) und Abdominaltrauma (18,9%) als Blutungsquellen.

Trotz der täglichen Mitführung der Blutprodukte ist der Anteil der Transfusionen gering, mit nur 1,11% aller Einsätze (23 von 2063) bzw. 2,1% aller Traumaeinsätze (23 von 1118).

Zuletzt bleibt die Problematik der richtigen und rechtzeitigen Indikationsstellung. Neben der klinischen Transfusionskriterien, der Traumagenese und der dadurch resultierenden Verletzungsschwere, steht die Einschätzung des erfahrenen Notarztes an zentraler Stelle.

Gegenüber der Patientengruppe mit nicht überlebbaren Verletzungen, denen durch eine Transfusion schlussendlich nicht geholfen werden kann, würde ggf. ein weiterer Anteil von Traumapatienten von einer früheren Transfusionsentscheidung profitieren.