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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Thrombozytenaktivitätsanstieg bei gleichzeitigem Funktionsverlust nach Polytrauma

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Franziska Wirth - Experimentelle Unfallchirurgie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Germany
  • Franziska Drumm - Experimentelle Unfallchirurgie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Germany
  • Anna Friesen - Experimentelle Unfallchirurgie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Germany
  • Peter Biberthaler - Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Technische Universität München, Klinikum rechts der Isar, München, Germany
  • Laura Heimann - Experimentelle Unfallchirurgie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Germany
  • Marc Hanschen - Experimentelle Unfallchirurgie, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Technische Universität München, Klinikum rechts der Isar, München, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB59-810

doi: 10.3205/22dkou460, urn:nbn:de:0183-22dkou4601

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Wirth et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Aktuelle Studien diskutieren, dass die posttraumatische Mortalität und Morbidität im Zusammenhang mit der Thrombozytenfunktion stehen. Thrombozyten spielen sowohl bei der Hämostase, als auch bei der Aktivierung von Immunzellen eine große Rolle, indem sie über die Freisetzung von pro- und anti-inflammatorischen Mediatoren oder direkte Zellkontakte die Aktivität dieser modulieren. Bereits erforscht ist, dass posttraumatisch die Thrombozytenzahl ansteigt, die hämostaseologische Funktion hingegen abnimmt. Über die posttraumatische immunologische Thrombozytenaktivierung ist jedoch wenig bekannt. Aktivierte Thrombozyten exprimieren CD63, ein Oberflächenprotein der Tetraspanin-Familie, das Signaltransduktionsvorgänge vermittelt.

Um die Rolle der Thrombozyten bei Polytraumapatienten weiter zu untersuchen, haben wir deren Aktivierung und ihre Funktionalität analysiert.

Methodik: 20 polytraumatisierten Patienten und 10 Kontrollpatienten wurde an 9 Zeitpunkten nach Trauma (Schockraum, 6h, 12h, 24h, 2d, 3d, 5d, 7d, 10d) Blut abgenommen und daraus Thrombozyten isoliert (EbM Level I). Die Durchflusszytometrie detektierte die Expression des Aktivierungsmarkers CD63. Die Rotationsthromboelastometrie (ROTEM) lieferte Daten zur Funktionalität der Thrombozyten. Darüber hinaus wurden Subgruppenanalysen in Bezug auf das Patientenalter (< 55 vs. > 55 Jahre), das Geschlecht und den Verletzungsschweregrad (ISS < 33 vs. ISS>33) durchgeführt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei einem Durchschnittsalter von 49,1 ± 17,8 Jahren (Mittelwert ± SD), 80 % männlichen und 20 % weiblichen Patienten betrug der mittlere ISS 27,3 ± 10,0. Mithilfe der Durchflusszytometie konnte ein deutlicher Anstieg der CD63-Expression nachgewiesen werden, welcher jedoch keinen Signifikanz erreichte (lineare Regression; p=0,054). Markante Unterschiede lieferte die Subgruppenanalyse: Bei männlichen Patienten nahm die Thrombozytenaktivierung im beobachteten Zeitraum zu (p=0,029). Außerdem wiesen Thrombozyten schwerer verletzter Patienten (ISS >34) eine höhere CD63-Expression auf (p=0,007), gleichzeitig nahm die Thrombozytenfunktion (MCF, maximale Gerinnselfestigkeit) signifikant ab (p=0,03). Dies war in allen Subgruppen nachzuweisen außer bei Patienten <55 Jahren.

Nach einem Polytrauma steigt die Thrombozytenaktivierung vor allem bei männlichen und schwer verletzten Patienten an, gleichzeitig sinkt die hämostatische Funktion deutlich. Daher kann von der erhöhte Thrombozytenaktivierung nicht auf eine erhöhte Funktionalität geschlossen werden.

Es ist möglich, dass die Thrombozyten aufgrund der starken Aktivierung einen Großteil ihrer Mediatoren freigesetzt haben und dadurch deren Funktion eingeschränkt ist. Während der untersuchten Zeit ist kein Wiedererlangen der Funktionalität zu beobachten.

Die zugrundeliegenden Mechanismen sollten weiter untersucht werden, insbesondere die in der Subgruppenanalyse beobachtete Patienten-spezifische posttraumatische Immunreaktion ist vor dem Hintergrund individualisierter Therapieansätze von Interesse.