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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Angioembolisation beim stumpfen Abdominaltrauma – Leitlinie und Wirklichkeit

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Benny Kölbel - Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Ulm, Germany
  • Sebastian Imach - Kliniken der Stadt Köln/Universität Witten/Herdecke, Krankenhaus Köln Merheim, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sport, Köln, Germany
  • Arasch Waifasade - Kliniken der Stadt Köln/Universität Witten/Herdecke, Krankenhaus Köln Merheim, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sport, Köln, Germany
  • Christian Beltzer - Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Ulm, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB59-648

doi: 10.3205/22dkou458, urn:nbn:de:0183-22dkou4581

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Kölbel et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Die Angioembolisation (ANGIO) bei Parenchymverletzungen von Leber und Milz wird im Rahmen des nichtoperativen Managements (NOM) seit 2016 in der S3 Leitlinie Polytrauma beim hämodynamisch stabilisierbaren Patienten empfohlen. Hintergrund dieser Empfehlung sind nationale und internationale Daten, die einen zunehmenden und erfolgreichen Einsatz eines NOM beim stumpfen Abdominaltrauma belegen konnten. Eine Datenanalyse aus der National Trauma Data Bank (NTDB) der USA ergab einen deutlichen Anstieg in der Nutzung der ANGIO [1], deren positiver Einfluss auf die Erfolgsrate des NOM ebenfalls gezeigt wurde [2].

Wir möchten die Entwicklung der ANGIO beim stumpfen Abdominaltrauma am Kollektiv des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (TR DGU) untersuchen und ihren Einfluss auf den Organerhalt im NOM evaluieren.

Methodik: Es wurde eine systematische Abfrage des TR DGU durchgeführt, hierbei wurde nach erwachsenen Patienten mit Leber-und Milzverletzungen gesucht die zwischen 2015 und 2020 in Deutschland behandelt wurden. Die Dokumentation eines operativen Eingriffes und einer ANGIO bei Milzverletzten wurde als Versagen der ANGIO gewertet.

Abbildung 1 [Abb. 1]

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Von diesen 5136 Patienten hatten 2353 (45,8%) ein Lebertrauma und 2783 (54,2%) ein Milztrauma. 655 (12,7%) hatten sowohl Leber- als auch Milzverletzungen. 44 Patienten erhielten eine ANGIO, was einer ANGIO Rate von 0,9% des Gesamtkollektives entspricht.

20 von 74 (27,0%) überregionalen Traumazentren haben im Studienzeitraum eine ANGIO dokumentiert und 8 von 74 (10,8%) haben mehr als eine ANGIO durchgeführt. Es zeigt sich ein deutlicher Trend zu einer höheren ANGIO Rate am Tag im Vergleich zur Nacht mit 1,1% vs. 0,7%.

Die höchste ANGIO Rate mit 2,7% findet sich bei Milzverletzen des Schweregrades 3 nach AIS. Die NOM Rate der Milzverletzten beträgt 71,8% des Gesamtkollektives, die Splenektomierate bei AIS 3 beträgt 31,6% und 78,7% bei AIS 4.

Bei 2 von 28 (7,1%) Milzverletzten, die mittels ANGIO behandelt wurden, musste ein zusätzlicher operativer Eingriff erfolgen. Dies wurde als Versagen der ANGIO gewertet.

Zusammenfassend sind die Erfolgsraten der ANGIO vergleichbar mit internationalen Vergleichkollektiven [3]. Die niedrige Versagensrate der ANGIO spricht auch hier für die Effektivität des Verfahrens, wenngleich aufgrund der geringen Anwendungshäufigkeit diesbezüglich keine sichere Aussage anhand der vorliegenden Daten möglich ist.

Die sehr niedrige ANGIO Rate bei vergleichsweise hoher Splenektomierate, deutet auf eine Divergenz zwischen Leitlinienempfehlung und nationaler Versorgungswirklichkeit hin, in der Potenzial für künftige Verbesserungen liegen kann.

Tabelle 1 [Tab. 1]


Literatur

1.
Dolejs SC, Savage SA, Hartwell JL, Zarzaur BL. Overall splenectomy rates stable despite increasing usage of angiography in the management of high-grade blunt splenic injury. Ann Surg. 2018 Jul;268(1):179-85. DOI: 10.1097/SLA.0000000000002246 Externer Link
2.
Miller PR, Chang MC, Hoth JJ, Mowery NT, Hildreth AN, Martin RS, Holmes JH, Meredith JW, Requarth JA. Prospective trial of angiography and embolization for all grade III to V blunt splenic injuries: Nonoperative management success rate is significantly improved. J Am Coll Surg. 2014 Apr;218(4):644-8. DOI: 10.1016/j.jamcollsurg.2014.01.040 Externer Link
3.
Bhullar IS, Frykberg ER, Siragusa D, Chesire D, Paul J, Tepas JJ 3rd, Kerwin AJ. Selective angiographic embolization of blunt splenic traumatic injuries in adults decreases failure rate of nonoperative management. J Trauma Acute Care Surg. 2012 May;72(5):1127-34. DOI: 10.1097/TA.0b013e3182569849 Externer Link