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Potential aktueller Hämostyptika in gerinnungsgehemmtem Blut – erste Ergebnisse einer in-vitro Studie mittels Rotationsthrombelastometrie
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Veröffentlicht: | 25. Oktober 2022 |
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Fragestellung: Zur Behandlung lebensbedrohlicher äußerer Blutungen sind Hämostyptika, die in die blutende Wunde eingebracht werden (Woundpacking) in militärmedizinischen Szenarien mittlerweile fest etabliert. Daten zur Wirksamkeit stammen überwiegend aus Tiermodellen oder Patienten ohne relevante Vorerkrankungen. In der zivilen Notfallmedizin weist jedoch ein relevanter Anteil der Patienten eine gerinnungshemmende Medikation auf. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es das Wirkpotenzial verschiedener Hämostyptika in-vitro im gerinnungsgehemmten Blut zu untersuchen.
Methodik: Wir versetzten Blut von jeweils 8 Patienten unter gerinnungshemmender Dauermedikation (Apixaban, Phenprocoumon, Enoxaparin und Heparin + ASS) und nachgewiesenen ausreichenden Wirkspiegeln mit je 1,5 mg verschiedener Hämostyptika und Verbandstoffe (CeloxTM Gauze, CeloxTM Granules, Quikclot GauzeTM, QuikclotTM Moulage Trainer, Chito-SAMTM, KerlixTM und WoundClotTM). Die Gerinnung wurde mittels Rotationsthrombelastometrie (ROTEM delta) mit dem NATEM Reagenz (Non Activated Thrombelastometrie) erfasst. Es wurden die Clotting Time (CT) und das Integral der Geschwindigkeit gegen die Zeit (Area under the curve; AUC) ermittelt und mittels einer ANOVA Multivarianzanalyse mit Dunnett's post-hoc Test zur Gerinnung derselben Blutprobe ohne Hämostyptikazusatz verglichen (p≤0,05; Deutsches Register Klinischer Studien (DRKS00015034); Ethikvotum Universität Ulm 443/17)
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Alle untersuchten Materialien zeigten eine Verbesserung der Gerinnung, vor allem bezüglich des Gerinnungsbeginns (CT). Das Thrombin-Generationspotential (AUC) wurde weniger stark beeinflusst, vor allem bei Phenprocoumon. Sowohl Kaolin-basierte als auch Chitosan-basierte Hämostyptika zeigten eine statistisch signifikante Verbesserung der Gerinnung. Ebenso haben baumwollbasierte und synthetische Verbandstoffe einen signifikanten blutstillenden Effekt.
Die getesteten Hämostyptika und Verbandstoffe wirken in-vitro auch im medikamentös gerinnungsgehemmten Blut prokoagulatorisch. Am herausforderndsten erscheint die Blutstillung von Patienten mit Phenprocoumon Einnahme, da hier zwar eine Gerinnungsinitiation erreicht werden konnte, das Thrombin-Generationspotential jedoch unbeeinflusst blieb. Bemerkenswert ist die Gerinnungsverbesserung in der Gruppe Heparin + ASS, da hier medikamentös eine nahezu aufgehobene Gerinnung besteht, durch Hämostyptika jedoch eine Gerinnungsaktivierung erzielt werden konnte. Zu beachten ist, dass für die Blutstillung durch Woundpacking neben dem gemessenen hämostyptischen Potenzial zahlreiche weitere Faktoren relevant sind, die in in-vitro Untersuchung methodisch nicht erfasst werden können (Anwendbarkeit der Verbandstoffe, adäquate Kompression, Wundcharakteristik etc).