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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Prävalenz und Risikofaktoren für eine cervikale Gefäßverletzung bei Kindern – eine Analyse aus dem TraumaRegister DGU®

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Lars Becker - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Germany
  • Lukas Krüger - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Germany
  • Oliver Kamp - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Germany
  • Katharina Alfen - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Kinderheilkunde I, Essen, Germany
  • Jens Theysohn - Universitätsklinikum Essen, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Essen, Germany
  • Marcel Dudda - Universitätsklinikum Essen, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB54-910

doi: 10.3205/22dkou402, urn:nbn:de:0183-22dkou4024

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Becker et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Kindliche Gefäßverletzungen sind, selbst bei schweren Verletzung, sehr selten. Eine genaue Prävalenz ist nicht bekannt. Trotzdem sind diese Verletzungen gefürchtet, da die neurologischen Ausfallserscheinungen und Folgeschäden für die betroffenen Kinder enorm sind. Im Rahmen der Notfalldiagnostik erfolgt meist eine CT-Diagnostik mit Darstellung der Halsgefäße. Auf der anderen Seite spielt der Strahlenschutz bei Kindern eine besonders große Rolle und unnötige CT-Untersuchungen sollen möglichst vermeiden werden. Ziel der Untersuchung war daher zum einen die Prävalenz dieser Verletzungen in einem großen Patientengut zu untersuchen und andererseits Risikofaktoren für das Vorliegen einer entsprechenden Verletzung zu identifizieren.

Methodik: Die Datensätze von Kliniken in Europa im TraumaRegister DGU® aus dem Zeitraum 2006 und 2020 wurden hierfür ausgewertet. Als Einschlusskriterien wurden ein Patientenalter <16 Jahre, ein maximaler AIS in mind. einer der betroffenen Körperregionen von≥ 3 sowie eine primäre Aufnahme in dem versorgenden Krankenhaus verwendet. Die statistische Auswertung erfolgte mit SPSS (Version 28, IBM Inc., Armonk, NY, USA).

TR-DGU Project ID 2020-062

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Mit den Einschlusskriterien konnten 9070 schwerverletzte Kinder identifiziert werden. Hiervon wurde bei insgesamt 50 Kindern (0,6%) eine Verletzung der Halsgefäße dokumentiert, nur zwei davon erlitten ein penetrierendes Trauma. Bezüglich der Altersverteilung zeigte sich ein höheres Alter (Mittelwert: 10,3 vs. 9,0, Median: 12,0 vs. 10,0 Jahre; p=0,034) in der Gruppe der Kinder mit entsprechender Verletzung. Bereits 40% der nachweisbaren Fälle traten bei Kindern im Alter von 14-15 Jahren auf. Auch zeigten sich ein signifikanter Unterschied in der Verletzungsschwere zu Ungunsten der Kindern mit Gefäßläsionen im ISS (Mittelwert: 35,7 vs. 19,5, Median: 30,0 vs. 17,0; p< 0,001). Unterschiede bezogen auf das Geschlecht ließen sich nicht finden. Bezüglich des dokumentierten Unfallherganges machten Verkehrsunfälle>60% der Fälle aus. Eine initiale Bewusstlosigkeit zeigte sich bei n=31 (67,4%) der betroffenen Kinder (p<0,001). Mit Gefäßverletzung verstarben n=17 (34 %), davon n=15 innerhalb der ersten 24h (jeweils p<0,001). Bei 35,9% vs. 16,6% zeigte sich präklinisch ein Blutdruck≤90 mmHg (p=0,004). Auch bezüglich einer EK-Gabe im Schockraum zeigten sich signifikante Unterschiede mit 31,3% vs. 8,3 % (p< 0,001), ebenso bei einer vorliegenden Gerinnungsstörung bei Aufnahme (Quick ≤60%, PTT >40, INR ≥1,4) 44,2% vs. 15,4% (p<0,001).

Zusammenfassend handelt es sich um sehr seltene Verletzungen. Als Risikofaktoren für eine Gefäßverletzung konnten ein Alter von 14-15 Jahren, ein initialer GCS <8, eine Hypotonie, eine Gerinnungsstörung, eine Transfusionsbedürftigkeit im Schockraum, ein Verkehrsunfall und eine hohe Verletzungsschwere identifiziert werden. Diese Faktoren sollten bei der Indikationsstellung einer CT Diagnostik zum Ausschluss einer Gefäßverletzung aus Strahlenschutzgründen berücksichtigt werden.