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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Analyse der adsorbierten Proteinschicht auf orthopädischen Implantaten nach dem ersten Patientenkontakt

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Andrea Sowislok - Lehrstuhl für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universität Duisburg-Essen, Universitätsklinikum Essen, Essen, Germany
  • Agnieszka Latosinska - Mosaiques Diagnostics GmbH, Hannover, Germany
  • Monika Herten - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen, Essen, Germany
  • André Busch - Klinik für Orthopädie, Unfall- & Wiederherstellungschirurgie, St. Marien Hospital, Mülheim, Germany
  • Thomas Grupp - Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Ludwig-Maximilians-Universität München, Aesculap AG, Research & Development, Tuttlingen, Germany
  • Marcus Jäger - Klinik für Orthopädie, Unfall- & Wiederherstellungschirurgie, St. Marien Hospital, Mülheim, Germany; Lehrstuhl f. Orthopädie & Unfallchirurgie, Universität Duisburg-Essen, Essen, Germany; Contilia, Mülheim, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB49-467

doi: 10.3205/22dkou355, urn:nbn:de:0183-22dkou3559

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Sowislok et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Bei der zementfreien Verankerung von Implantaten kommt es zu einer direkten Interaktion mit dem knöchernen Implantatlager und damit zur Beeinflussung des lokalen Knochenumbaus (Regeneration, Resorption). Für eine Einheilung mit frühzeitiger Wiederbelastung ist die rasche Stimulation der Knochenneubildung an der Biomaterialgrenzfläche eine Grundvoraussetzung. Entscheidend hierfür ist die Proteinadsorption auf der Implantatoberfläche nach dem ersten intraoperativen Knochenkontakt, welche die nachfolgenden Reaktionen in situ (Zellmigration, Proliferation, Differenzierung, Biomineralisation und Knochenumbau) und damit auch die Osseointegration maßgeblich beeinflusst. Die in der Literatur postulierte initiale Adsorption von Plasmaproteinen konnten wir in der Vergangenheit in einer Pilotstudie bereits widerlegen. In dieser Studie haben wir diese Proteinschicht genauer auf ihre Funktion bei der Osseointegration und auf kinetischen Veränderungen untersucht.

Methodik: Die Studie wurde von der örtlichen Ethikkommission genehmigt (# AZ 17-7844-BO). Bei 12 Patienten mit einer Indikation zur totalen Hüftendoprothese wurden klinisch erprobte Titan-Hüftschäfte (mit proximaler plasmaporenbeschichteter rauer [Plasmapore™, B. Braun] und distaler glatter glasperlenbehandelter Oberfläche) in das femorale Marklager implantiert und anschließend nach 2 bzw. 5 Minuten in situ explantiert, mit Kochsalzlösung gewaschen und in flüssigem Stickstoff eingefroren. Die Proteine wurden unter reduzierenden Bedingungen eluiert, mittels Flüssigchromatographie(LC)-Massenspektrometrie(MS)/MS analysiert und statistisch ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt wurden im Proteom der Implantate 2310 unterschiedliche Proteine gefunden, die durch mehr als zwei Peptide charakterisiert werden konnten. Die statistische Analyse der kinetischen Veränderungen des Implantatproteoms nach einer Inkubationszeit von 2 bzw. 5 Minuten in situ zeigte, dass eine Inkubationszeit im Minutenbereich für die Qualität und Quantität des Implantatproteoms nicht relevant ist, da bereits in den ersten 2 Minuten eine Adsorption der für die Osseointegration bedeutsamen Proteine stattfindet. Unterschiede in der Proteinzusammensetzung wurden hauptsächlich auf den beiden Implantatoberflächen (raue und glatte Seite) beobachtet. Zusätzlich konnte der Beginn einer sterilen Entzündungsreaktion als wichtiger Schritt der Osseointegration durch entsprechende Proteine nachvollzogen werden. Hierbei wurden sowohl Proteine mit einer chemotaktischen Wirkung auf Immunzellen als auch von Immunzellen stammende Proteine gefunden. Die genaue Kenntnis über die Zusammensetzung der Proteinschicht, die bereits innerhalb weniger Minuten in situ an das Biomaterial adsorbiert, kann dazu beitragen, die anschließende Reaktion der knöchernen Mikroumgebung auf die Biomaterialoberfläche zu verstehen und vorherzusagen.