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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Beeinflusst die lange Bicepssehne die Stabilität der Schulter wirklich? Eine biomechanische Analyse bei intakter und insuffizienter Rotatorenmanschette

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christoph Paus - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany
  • Benedikt Schliemann - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany
  • Jens Wermers - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany
  • Stefanie Tänzler - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany
  • Christian D. Schenk - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany
  • Philipp Michel - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany
  • Michael J. Raschke - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany
  • J. Christoph Katthagen - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Münster, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB48-980

doi: 10.3205/22dkou348, urn:nbn:de:0183-22dkou3482

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Paus et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die Funktion der langen Bicepssehne (LBS) im Schultergelenk ist in der Literatur viel diskutiert.

Ziel dieser Studie war es, den Einfluss der LBS auf die glenohumerale Translation bei intakter und insuffizienter Rotatorenmanschette (RM) zu untersuchen.

Methodik: Es wurden 8 humane Vollschultern verwendet. Läsionen der RM und der LBS wurden MR-tomographisch ausgeschlossen. Die Sehen der Mm. deltoideus, supra- und infraspinatus, subscapularis und LBS wurden zur Simulation von Muskelaktivität mit Gewichten beladen.

Die Schultern wurden vor einem Industrieroboter platziert und der Humerus mit dem Kraftmomentsensor des Roboters verbunden (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Mit Hilfe einer Software wurden (1) eine Wurfbewegung und (2) ein Load-and-Shift-Test (LS-Test) durchgeführt. Die Bicepssehne wurde dabei in drei verschiedenen Zuständen analysiert: (1) unbeladen (2) beladen mit 22 N, (3) Tenotomie. Zunächst wurden die Tests bei intakter RM, dann bei simulierter RM-Ruptur durch sequentielle Abnahme der Gewichte durchgeführt. Outcome-Paramenter waren die maximale Translation des Humeruskopfes bei der Wurfbewegung und beim LS-Test die Kraft, die erforderlich war, um eine anteriore Translation des Humeruskopfes von 10 mm zu erzielen. Die statistische Auswertung erfolgte mit t- und Wilcoxon-Tests.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei vollständig intakter Rotatorenmanschette zeigten sich weder bei der Wurfbewegung noch im LS-Test signifikante Unterschiede in der Translation und Kraft, unabhängig vom Zustand der LBS.

Die Beladung der LBS mit 22 N bewirkte bei Insuffizienz der Rotatorenmanschette (SSP+ISP und SSP+SSC) eine Translation des Kopfes nach posterior.

Lag eine posterosuperiore RM-Ruptur vor, führte eine Tenotomie der LBS bei 0° Abduktion zu einer im Vergleich zum beladenen Biceps signifikant erhöhten antero-superioren Translation des Humeruskopfes, die sich bei zunehmender Abduktion noch verstärkte. Im Vergleich zur unbeladenen LBS zeigte sich nach Tenotomie bei RM-Inssufizienz zusätzlich eine superiore Translation.

Im LS-Test war die benötige Kraft für eine anteriore Translation bei beladener LBS signifikant höher als bei unbeladener oder tenotomierter LBS.

Bei intakter RM hat die LBS für die Stabilität des Schultergelenkes in diesem dynamischen biomechanischen Test keine Bedeutung. Bei Insuffizienz der RM jedoch verhindert die beladene Bicepssehne eine anteriore Translation und trägt somit zu einer Zentrierung des Gelenkes bei. Bei posterosuperiorer RM-Läsion wirkt auch die unbeladene LBS einer superioren Translation entgegen.