gms | German Medical Science

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Ist eine regelhafte postoperative Überwachung des geriatrischen Traumapatienten auf einer Intensivstation notwendig? Zwischen Patientensicherheit und Übertriage

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Tom Knauf - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Nico Lotz - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Kai Jensen - Klinik für Traumatologie UniversitätsSpital Zürich, Zürich, Switzerland
  • Benjamin Bücking - Klinikum Hochsauerland GmbH, Arnsberg, Germany
  • Rene Aigner - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Ulf Bökeler - Marienhospital Stuttgart, Stuttgart, Germany
  • Steffen Ruchholtz - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Daphne Eschbach - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB46-564

doi: 10.3205/22dkou332, urn:nbn:de:0183-22dkou3321

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Knauf et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Auf Grund des demographischen Wandels geraten die Bedürfnisse geriatrischer Patienten immer mehr in den Fokus der Wissenschaft. Obwohl einige Teilbereiche der Alterstraumatologie, bereits intensiv erforscht werden, fehlen in anderen Bereichen weiterhin Erkenntnisse. So auch über die zugrundeliegenden Aufnahmekriterien und den Verlauf geriatrischer Traumapatienten auf der Intensivstation. In der vorliegenden Studie haben wir uns retrospektiv mit dem tatsächlichen Vorliegen von allgemeingültigen Parametern der Intensivpflichtigkeit im Kollektiv geriatrischer Traumapatienten auf unserer Intensivstation auseinandergesetzt.

Methodik: Wir haben eine retrospektive Bobachtungsstudie mit dem Zeitraum von 2013-2019 durchgeführt. Der Beginn der Pandemie wurde bewusst ausgeklammert um Vergleichbarkeit zu schaffen. Einschlusskriterien waren geriatrischen Traumapatienten (≥65 Jahre), die postoperativ auf unserer unfallchirurgischen Intensivstation behandelt wurden. Wir erhoben deskriptive Parameter wie die zugrundeliegenden Frakturentitäten, Alter, Geschlecht, Charlson Comorbity Index (CCI), den ASA-Score und die Anzahl der intraoperativ transfundierten Erythrozytenkonzentrate (EKs), sowie die von uns definierten Parameter der Intensivpflichtigkeit, wie nicht invasive/invasive Beatmung und die Gabe kreislaufunterstützender Medikamente.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In dem Beobachtungszeitraum wurden 1224 Patienten auf unserer Intensivstation behandelt. 1022 (84%) waren geriatrische Patienten und haben die Einschlusskriterien erfüllt. Das mittlere Alter betrug 82,4(±7,4) Jahre. 67% (n=685) der Patienten waren weiblich. 22% der Patienten wiesen nach unseren Zielgrößen die Notwendigkeit für eine intensivmedizinische Behandlung auf. Signifikante Einflussfaktoren waren Geschlecht (p<0,001), der CCI ohne das Alter (p=0,012), die Art der Fraktur (p<0,001), die Anzahl der intraoperativ transfundierten EKs (p<0,001) und der ASA-Score (p<0,001). Da nur lediglich 22% der Patienten, die postoperativ auf unserer Intensivstation behandelt wurden eine intensivmedizinische Betreuung nach unseren Kriterien benötigten, muss der Triage mehr Sorgfalt gewidmet werden. Unsere Kriterien mögen Grenzfälle der Intensivpflichtigkeit nicht einschließen und somit dieses Patientengut etwas unterrepräsentieren, nichtsdestotrotz sind drei viertel Patienten ohne harte Indikation in eine Intensivmedizinische Betreuung verlegt worden. Wie auch in unserer Studie nachgewiesen, rechtfertigt das Alter allein keine postoperative Überwachung auf der Intensivstation. Im Gegenteil, im Sinne der Delirprävention wissen wir heutzutage, dass dies eher abträglich ist. In Zeiten der chronischen Knappheit von Intensivbetten sollte eine gezielte prä- & intraoperative Beurteilung der Patienten erfolgen, um eine Übertriage auf die Intensivstation möglichst zu vermeiden.