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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Antibiotikaeinsatz zur Prophylaxe und empirischen Therapie von frakturassoziierten Infektionen in Deutschland – eine Umfrage an 44 Kliniken

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Susanne Bärtl - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Nike Walter - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Siegmund Lang - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Florian Hitzenbichler - Universitätsklinikum Regensburg, Abteilung für Krankenhaushygiene und Infektiologie, Regensburg, Germany
  • Markus Rupp - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Volker Alt - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB45-594

doi: 10.3205/22dkou324, urn:nbn:de:0183-22dkou3243

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Bärtl et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Antibiotika (AB) spielen eine wichtige Rolle in der Prophylaxe und Behandlung von Infektionen in der Unfallchirurgie. Dennoch scheint es gerade bei der Infektionsprophylaxe nach offenen Frakturen und auch bei der empirischen Therapie von frakturassoziierten Infektionen (FRI) große Unterschiede zwischen einzelnen Kliniken zu geben. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es deshalb in einer deutschlandweiten Befragung prophylaktische und empirische Antibiotikaregime bei offenen Frakturen und FRIs zu erfassen und diese im Kontext publizierter Resistogramme von Erregern bei FRI-Patienten zu beleuchteten, um die hypothetische Wirksamkeit der jeweiligen Therapien zu ermitteln.

Methodik: An deutschen Universitäts- und berufsgenossenschaftlichen Kliniken wurde eine Umfrage zur Prophylaxe und empirischen AB-Therapie von FRIs durchgeführt. Um eine hypothetische Antibiotika-Deckungsrate zu bestimmen, wurden die Umfrageergebnisse anschließend mit zuvor veröffentlichten Daten zur antimikrobiellen Behandlung von FRI-Patienten (n=86) verglichen. Für diese Kohorten wurde die mikrobiologische Datenbank nach Erregern durchsucht, welche durch matrixunterstützte Laser-Desorption/Ionisation (MALDI TOF MS) sowie durch antimikrobielle Empfindlichkeitstests nach den Richtlinien des European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EUCAST) nachgewiesen wurden.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Von 71 Kliniken antworteten insgesamt 44 (62,0%). Bei geschlossenen Frakturen zeigte sich mit der Verwendung von Cephalosporinen in 95,5% der Kliniken ein einheitliches Bild. Eine große Heterogenität fand sich bei der AB-Prophylaxe in der Versorgung offener Frakturen und bei der empirischen Behandlung der FRI. Für offene Frakturen wurden acht verschiedene AB-Regime berichtet, wobei Aminopenicilline/Betalaktamaseinhibitor (BLI) (31,8%) am häufigsten genannt wurden. Für die empirische Therapie der FRI wurden 12 verschiedene AB-Regime angegeben, am häufigsten Aminopenicilline/BLI (31,8%), Cephalosporine (31,8%) und Ampicillin/Sulbactam + Vancomycin (9,1%). Hinsichtlich der empirischen Therapie der FRI zeigten sich relativ niedrige Sensibilitätsraten für Cephalosporine (65,1%) bzw. Aminopenicillinen/BLI (74,4%). Für die Kombination Vancomycin + Meropenem ergab sich mit 91,9% die höchste hypothetische Sensibilität.

Sowohl für die Infektionsprophylaxe bei offenen Frakturen als auch bei der empirischen Verwendung lokaler und systemischer AB zeigt sich an repräsentativen deutschen Klinken ein sehr uneinheitliches Bild. Häufig eingesetzte AB weisen erhebliche Resistenzraten bezüglich des Erregerspektrums bei FRIs auf, während der Einsatz von lokalen AB an vielen Klinken noch nicht etabliert ist. Die Kombinationstherapie Vancomycin + Meropenem erscheint für die empirische Therapie sinnvoll, muss jedoch individuell mit den Nachteilen der Anwendung von Vancomycin abgewogen werden.