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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022)

25. - 28.10.2022, Berlin

Die Beckenringfraktur des geriatrischen Patienten: Langzeitmortalität und wodurch sie beeinflusst wird – Ergebnisse einer prospektiven Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Julia Lenz - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Ludwig Oberkircher - Klinikum Friedrichshafen, Friedrichshafen, Germany
  • Jeanne Zwar - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Juliana Hack - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Martin Bäumlein - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Daphne-Asimenia Eschbach - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Steffen Ruchholtz - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany
  • Tom Knauf - Universitätsklinikum Marburg, Marburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2022). Berlin, 25.-28.10.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocAB29-1304

doi: 10.3205/22dkou171, urn:nbn:de:0183-22dkou1717

Veröffentlicht: 25. Oktober 2022

© 2022 Lenz et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Neben der proximalen Femurfraktur als die typische geriatrische Fraktur gewinnen die Fragilitäts- bzw. Insuffizienzfrakturen des Beckenrings mit einer steigenden Inzidenz zunehmend an Bedeutung. Während mit einer 5-Jahres-Mortalität von über 60% sowie einem signifikanten Verlust des Ausgangslevels an Mobilität die Bedeutung der proximalen Femurfraktur hinsichtlich der Langzeitfolgen bereits umfangreich beschrieben wurde, sind entsprechende Zahlen für die geriatrische Beckenringfraktur aktuell noch nicht verfügbar. Ziel der Untersuchung war es deshalb die Mortalität nach 5 Jahren sowie mortalitätsbeeinflussende Faktoren zu erfassen.

Methodik: In einer prospektiven Beobachtungsstudie wurden von 2012 bis 2016 insgesamt 134 Patienten mit geriatrischer Beckenringfraktur eingeschlossen, von denen nach 5 Jahren insgesamt 31 Patienten als lost to follow up verzeichnet wurden. Nach mindestens 5 Jahren erfolgte eine erneute Datenerhebung, in deren Rahmen das Überleben der Patienten erfasst wurde. Aus der initialen Erhebung waren die Parameter ASA, IADL, Barthel-Index und der Charlson-Comorbidity-Score bekannt. Bei bereits verstorbenen Patienten wurden die genauen Todeszeitpunkte bei den jeweiligen Einwohnermeldeämtern der jeweiligen Gemeinden erfragt.

Ergebnisse: Im Kollektiv der 103 Patienten, zu denen nach 5 Jahren eine Datenerhebung möglich war, betrug die Mortalität 62,1% (n=64). Häufigster Frakturtyp war die FFPIIb-Fraktur mit 36,9% (n=38) (82,5% Frauen, 17,5% Männer, Altersdurchschnitt 79,67 Jahre, 39,8% operative und 60,2% konservative Therapie). Einen signifikanten prädiktiven Einfluss auf das 5-Jahresüberleben zeigte der Charlson-Comorbidity-Score (p=0,001), der ASA-Score (p<0,001), der IADL (p<0,001) sowie der Barthel-Index (p=0,003). Der Frakturtyp nach Rommens (p=0,528) sowie die Therapie (operativ vs. konservativ) (p=0,828) hatten dagegen keinen signifikanten Einfluss auf die Mortalität.

Schlussfolgerungen: Mit einer 5-Jahres-Mortalität von 62,1% nach geriatrischer Beckenringfraktur kann diese mit der von proximalen Femurfrakturen verglichen werden.

Während die perioperative bzw. mittelfristige Mortalität bei proximalen Femurfrakturen bereits durch optimierte multimodale Versorgungskonzepte verbessert werden konnte, gibt es für die Beckenringfraktur aktuell noch keine standardisierten interdisziplinären Behandlungsstrategien.

Da ähnlich wie im Langzeitverlauf der proximalen Femurfrakturen der Frakturtyp sowie die operative Therapie bei geriatrischen Beckenringfrakturen eine untergeordnete Rolle zu spielen scheinen, ist es umso wichtiger bestehende Patienten-bezogene Faktoren und Umgebungsfaktoren zu optimieren und analog zur Versorgung der proximalen Femurfrakturen multimodale Therapiekonzepte gleichwertig in den Vordergrund zu stellen. Das Entwickeln solcher Konzepte sollte in diesem fragilen Patientengut zunehmend in den Fokus kommender Forschungsarbeiten gestellt werden.