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Umfrageergebnis zur Indikationsstellung operative vs. konservative Therapie von Fragilitätsfrakturen des Beckens am Beispiel Sachsen-Anhalt
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Veröffentlicht: | 25. Oktober 2022 |
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Fragestellung: Zum aktuellen Zeitpunkt existiert keine einheitliche Leitlinie zu Fragilitätsfrakturen des Beckens. Grund ist die fehlende Evidenz bei überwiegend retrospektiven Studien. Prospektive Studien mit ausreichenden Beobachtungszeitraum fehlen. Die Entscheidung wie diese Frakturen behandelt werden, liegt meist in den Erfahrungswerten des Behandlers. Neben den „harten“ Kriterien der Frakturmorphologie spielen bei diesen Patienten auch die „weichen“ Faktoren eine entscheidende Rolle. Um ein Bild der derzeitigen Wichtung von Faktoren zu erheben wurde im Bundesland Sachsen Anhalt eine Umfrage durchgeführt.
Methodik: In die Befragung eingeschlossen wurden alle akut-unfallchirurgisch tätige Kliniken des Bundeslandes. Die Online-Umfrage wurde mittels LamaPoll® durchgeführt. Jedem Item konnte ein Wert von Stark pro konservativ, Pro konservativ, ohne Relevanz, pro operativ und stark pro operativ zugeordnet werden. Abgefragt wurden ASA>3, Demenz, Gerinnungshemmer, BMI< 20, VAS >5 und Immobilität als „weiche“ Faktoren, sowie das Vorliegen von bilateralen Frakturen vorderer Beckenring (bVBF), (partielle) iliakale Frakturverläufe, LWK5-Querfortsatzabrisse, bilaterale Fraktur hinterer Beckenring (bHBF) und grobe Dislokation als „harte“ Faktoren.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Der Fragebogen wurde von 22 Kliniken (3 überregionale, 6 regionale, 11 lokale Traumazentren, 2 ohne Status im Traumanetzwerk) ausgefüllt. Die stärksten Trigger in Richtung OP waren die grobe Dislokation (100% pro oder stark pro OP), Schmerzbedingte Immobilität (96%), LWK5 Querfortsatzabrisse (83 %) und bHBR (81%). Ebenfalls, wenn gleich schwächer, triggerten partiell iliakale Frakturverläufe (74%) und Schmerzen > VAS 5 (78%) in Richtung der Operation. Mehrheitlich ohne Relevanz wurde der BMI < 20 eingestuft. Ebenfalls ohne Relevanz, jedoch mit hoher Streuung in beide Richtungen, wurde bVBR bewertet. Die stärksten Trigger gegen eine Operation waren der ASA >3 (70% pro oder stark pro konservativ), Demenz (36%) und bestehende Blutverdünnung (74%). Die Ergebnisse wurden auf Unterschiede in der Entscheidung zwischen lokalen, regionalen und überregionalen Kliniken untersucht. Es fand sich kein signifikanter Unterschied. Anhand der Ergebnisse wird veranschaulicht, dass die jeweiligen Faktoren homogen in ihrer Richtung, bei gleichzeitig unterschiedlicher Stärke beurteilt wurden. Einzig bVBR wurde als Argument für beide Therapieregime diskutiert. Die „harten“ Faktoren wurden eher als Indikation für die Operation betrachten, wohingegen das Vorliegen von „weichen“ Faktoren Grund für einen konservativen Therapieversuch darstellen. Einziger „weicher“ Faktor pro Operation stellt die schmerzbedingte Immobilität dar.
Abbildung 1 [Abb. 1]