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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

„Quod licet Chefarzt...“: Der Einfluss der Hierarchie auf die tägliche medizinische Arbeit am Beispiel Orthopädie und Unfallchirurgie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Ricarda Seemann - Charité Universitätsmedizin Berlin, Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, Berlin, Germany
  • Manuel Mutschler - Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Klinikum Köln-Merheim, Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie u. Sporttraumatologie, Lehrstuhl der Privaten Universität Witten/Herdecke, Köln, Germany
  • Matthias Münzberg - BG Klinik Ludwigshafen, Centrum für interdisziplinäre Rettungs- und Notfallmedizin, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Ludwigshafen, Germany
  • Anna-Katharina Döpfer - Altonaer Kinderkrankenhaus, Hamburg, Germany
  • Jasmina Sterz - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Germany
  • Richard Stange - Universitätsklinikum Münster, Abt. für Regenerative Muskuloskelettale Medizin, Institut für Muskuloskelettale Medizin, Münster, Germany
  • Reinhard Hoffmann - BG Unfallklinik Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Germany
  • Miriam Rüsseler - Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB76-84

doi: 10.3205/19dkou684, urn:nbn:de:0183-19dkou6840

Veröffentlicht: 22. Oktober 2019

© 2019 Seemann et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Insbesondere chirurgische Abteilungen stehen im Ruf, überkommene hierarchische Strukturen zu pflegen. Es wird vermutet, dass eine steile Hierarchie das Risiko für medizinische Fehler erhöhen kann; Hierarchie und Arbeitsatmosphäre haben wesentlichen Anteil am Human Factor, der im medizinischen Bereich für 70% der vermeidbaren Zwischenfälle verantwortlich ist. Ziel der Studie ist eine Statuserhebung unter Ärzten jedweden Ausbildungsstandes bezüglich Arbeitsatmosphäre und hierarchischer Strukturen in O&U.

Methodik: Ein Fragebogen mit 10 Fragen zu Hierarchie und Arbeitsatmosphäre wurde digital an die Mitglieder der DGOU versendet. Die Ergebnisse wurden elektronisch, anonym und freiwillig übermittelt. Die deskriptive statistische Auswertung erfolgte mittels Excel und SPSS. Das statistische Signifikanzniveau wurde auf p<0.05 definiert.

Ergebnisse: Insgesamt haben 799 Teilnehmer den Fragebogen vollständig ausgefüllt (172 Assistenzärzte, 110 Fachärzte, 217 Oberärzte, 170 Chefärzte und 99 Niedergelassene). Die meisten Teilnehmer arbeiteten an kommunalen Häusern (22,4 %). An der Universitätsklinik arbeiteten 16,4% der Befragten und an BG-Kliniken 8,5%.

Chefärzte und Niedergelassene bewerteten das Arbeitsklima an ihrem Arbeitsplatz motivierender, herzlicher, wertschätzender und rücksichtsvoller als die anderen Gruppen (jeweils p<0,05). Fachärzte dagegen beurteilten das Arbeitsklima signifikant negativer als Oberärzte, Chefärzte und Niedergelassene (jeweils p<0,05) (Tabelle 1 [Tab. 1]).

Ober- und Chefärzte beurteilten die aktuell an ihrem Arbeitsplatz vorherrschende Hierarchie eher als „auf Augenhöhe", womit sie sich signifikant von Fach- und Assistenzärzten unterschieden, die die Hierarchie steiler einschätzten (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Allen Gruppen war gemein, dass sie sich eine Hierarchie eher, aber nicht gänzlich, auf Augenhöhe wünschten. Alle Gruppen maßen der Arbeitsplatzatmosphäre großen Einfluss auf die Qualität der täglichen Arbeit bei.

Schlussfolgerung: Es ist bekannt, dass hierarchische Differenzierung ein Team leistungsfähiger machen kann, während eine zu starre Hierarchie zu Fehlern führen kann. Zwar scheinen die hierarchischen Strukturen in O&U weniger ausgeprägt zu sein als angenommen, Hierarchie hat jedoch erheblichen Einfluss auf das tägliche Arbeiten. Spätestens wenn die vorherrschende Hierarchie im Krankenhaus zum zusätzlichen Glied in einer Fehlerkette und damit zum Sicherheitsrisiko für den Patienten wird, besteht Handlungsbedarf. Für eine sicherheitsorientierte Medizin wird es immer wichtiger sein, hierarchische Strukturen in den Kliniken zu definieren und als Teil einer gelebten Sicherheitskultur im Sinne bestmöglicher Effizienz nutzbar zu machen.