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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Häufigkeit und Relevanz des zufälligen Keimnachweises bei primär als aseptisch eingestuften Femur- und Tibiaschaft-Pseudarthrosen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Simon Hackl - BG Unfallklinik Murnau, Murnau, Germany
  • Lena Carmen Hellinger - BG Unfallklinik Murnau, Murnau, Germany
  • Christian von Rüden - BG Unfallklinik Murnau, Murnau, Germany
  • Christian Hierholzer - Universitätsspital Zürich, Klinik für Unfallchirurgie, Zürich, Switzerland
  • Mario Perl - BG Unfallklinik Murnau, Murnau, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB74-1313

doi: 10.3205/19dkou674, urn:nbn:de:0183-19dkou6741

Veröffentlicht: 22. Oktober 2019

© 2019 Hackl et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die initiale Einschätzung, ob es sich um eine septische oder aseptische Pseudarthrose (PA) handelt, ist für das Therapiekonzept von entscheidender Bedeutung. Weitgehend unklar ist, wie oft bei primär als aseptisch eingestufte u. mit einzeitigem Materialwechsel operierte PA intraoperativ ein Keim nachgewiesen werden kann u. ob dieser den Therapieverlauf beeinflusst.

Methodik: In einer retrospektiven Studie wurden alle zwischen 2006 und 2015 behandelten Patienten (Pat.) mit einer präoperativ als aseptisch eingestuften PA im Schaftbereich von Femur u. Tibia, bei denen eine primär einzeitige Revisionsoperation erfolgte, eingeschlossen. Es wurden die mikrobiologische Diagnostik (Abstriche mit 2-tägiger u. Gewebeproben mit 10-tägiger Thioglykolat-Kultivierung), die präoperative Labordiagnostik, der Therapieverlauf sowie das funktionelle u. subjektive Resultat u. a. anhand der Lower Extremity Functional Scale (LEFS) ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei insgesamt 98 präoperativ als aseptisch eingestuften Femurschaft-Pseudarthrosen (FemurPA) fand sich in 43 Fällen (44%) intraoperativ ein Keimnachweis in der Langzeitbebrütung. Im Rahmen der 2-tägigen Bebrütung gelang dieser nur in 21 Fällen (21%). Ebenso konnte bei 102 präoperativ als aseptisch eingestuften Tibiaschaft-Pseudarthrosen (TibiaPA) nach 2-tägiger Bebrütung in 19 Fällen (19%), nach Langzeitbebrütung in 43 Fällen (42%) ein Keimnachweis geführt werden. Hinsichtlich des Therapieverlaufs wurde bei FemurPA mit negativem Keimnachweis im Mittel nach 17,9 Monaten eine Ausheilung der PA erzielt, wobei hierzu bei 48% dieser Pat. 1,6 weitere Revisionsoperationen notwendig waren. Bei Keimnachweis wurde eine Ausheilung erst signifikant später nach 26,9 Monaten (p<0,05) erreicht. 55% dieser Pat. benötigten hierzu im Schnitt weitere 2,8 operative Revisionen (p<0,05). Ein vergleichbarer Therapieverlauf zeigte sich bei TibiaPA, wobei im Falle eines negativen Keimnachweises in 29% 1,2 Folgeeingriffe und bei Keimnachweis in 57% 2,8 weitere Eingriffe notwendig waren (p<0,01). Von den präoperativ bestimmten Laborparametern zeigte bei FemurPA der CRP-Wert mit 0,8 mg/dl bei negativem bzw. 2,7 mg/dl bei positivem Keimnachweis einen Unterschied (p<0,01). Ein Grenzwert konnte mit der Grenzwertoptimierungskurve weder bei FemurPA noch bei TibiaPA festgelegt werden. Im Hinblick auf das funktionelle Ergebnis mindestens ein Jahr nach letztmaliger Revision ergaben die LEFS keinen signifikanten Unterschied bezogen auf den Keimnachweis.

Die nach den gängigen Kriterien präoperativ als aseptisch klassifizierten FemurPA u. TibiaPA weisen in etwa 20% nach Kurzzeit- u. in 40% nach Langzeitbebrütung einen positiven Keimnachweis auf. Da dieser zufällige Keimnachweis u. a. Einfluss auf die Anzahl der operativen Folgeeingriffe hat, sollte die Langzeitbebrütung der mikrobiologischen Proben bei jeder Pseudarthrosenrevision obligatorisch sein, insbesondere auch, da die aktuell verwendeten Laborparameter hierzu keine belastbare präoperative Aussage zuzulassen scheinen.