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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

BiSP-Projekt Kopfbälle im Fußball – wirklich ein Risiko? Eine Bestandsaufnahme nach einem Jahr Videoanalyse

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Johannes Weber - Universitätsklinikum Regensburg, Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Matthias Koch - Universitätsklinikum Regensburg, Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Claus Reinsberger - Department Sport und Gesundheit Universität Paderborn, Paderborn, Germany
  • Joachim Hermsdörfer - TU München, Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft, München, Germany
  • Michael Nerlich - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany
  • Werner Krutsch - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Regensburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB69-1256

doi: 10.3205/19dkou635, urn:nbn:de:0183-19dkou6357

Veröffentlicht: 22. Oktober 2019

© 2019 Weber et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Das Kopfball-Verbot für Jugendspieler in den USA im Jahr 2015 sowie anhand von Negativbeispielen geführte mediale Diskussionen über die Gefährlichkeit des Kopfballspiels bei bislang fehlender wissenschaftlicher Evidenz gaben 2017 den Anstoß zur Durchführung eines 2-jährigen, vom BiSP-geförderten Studienprojekts mit dem Titel Kopfbälle im Fußball, im Rahmen dessen das Kopfballspiel unter anderem mittels Videoanalyse auf seine Gegebenheiten und Eigenschaften sowie auf seine Gefährlichkeit hin untersucht werden sollte.

Methodik: In mehreren prospektiven Kohortenstudien, reichend vom Profifußball der 1.&2. Bundesliga bis in den bezahlten und unbezahlten Amateur und männlichen Jugendfußball bis U16, wurde das Kopfballspiel als solches und auf seine Folgen hin (anhand so genannter verletzungsträchtiger Situationen= Critical Incidents= CIs) anhand Videodaten der Saisons2016/2017 und 2017/2018 analysiert. Anhand bereits in Vorstudien validierten Fragebögen wurden alle Kopfbälle und verletzungsträchtigen Situationen in mehr als 1500 Spielen innerhalb des ersten Jahres seit Studienbeginn mittels Videoanalyse untersucht.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In insgesamt mehr als 120.000 Spielminuten wurden über 200.000 Kopfbälle gezählt, was einer durchschnittlichen Zahl von 5-7 Kopfbällen pro Spiel und Spieler im Profi - und 4-6 Kopfbällen im Amateurbereich entsprach. Im männlichen Jugendbereich lag die Zahl bei 2-5 Kopfbällen pro Spieler und Spiel. Bereichsübergreifend wurden Kopfbälle in Defensivaktionen (60-65% der Fälle) durchgeführt. 60-72 % der Kopfbälle erfolgten in Duellsituationen (steigend mit Grad der Professionalisierung), wobei in >50% direkter Körperkontakt mit einem Gegen- oder Mitspieler registriert werden konnte. Auch wurden in allen Ligen CI-Situationen gezählt und genauer analysiert. CI-Raten pro Spieler und Kopfball stiegen im Vergleich von 1.bis 4.Liga an, anschließend war ein Abfall der Häufigkeit zu beobachten. Während die Verteilung von Kopfbällen und verletzungsträchtigen Situationen am Spielfeld und bezogen auf den Spielertyp Ähnlichkeiten aufwies, traten CI In allen Ligen meist in Duellsituationen auf. Bei der Odds Ratio-Berechnung erhöhte eine Ellbogenposition über Schulterhöhe das Vorliegen eines CI am meisten, gefolgt von Körperkontakt mit 2 oder mehr Spielern. Die unterschiedliche Ahnung des Schiedsrichters von verletzungsträchtigen Situationen erhöhte hingegen nicht das Risiko weiterer CI.

Anhand der vorliegenden, groß angelegten Studie über mehrere Ligen und Saisons konnte erstmals ein flächendeckendes Bild der in der unter Wettkampfbedingungen stattgefundenen Kopfbälle und seine Folgen erhoben werden. Insgesamt sind Verletzungsträchtige Situationen selten, jedoch können anhand der erstmalig stattgefundenen breiten Analyse Ansatzpunkte weiterer präventiver Maßnahmen bilden.