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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Differenzierte Behandlung thorakolumbaler Hyperextensionsverletzungen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Timo Michael Heintel - Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Zentrum Operative Medizin, Universitätsklinikum Würzburg, Würzburg, Germany
  • Fabian Gilbert - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Würzburg, Germany
  • Martin Jordan - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Würzburg, Germany
  • Sebastian Jovic - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Würzburg, Germany
  • Hendrik Jansen - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Würzburg, Germany
  • Rainer Meffert - Universitätsklinikum Würzburg, Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, Würzburg, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB66-1170

doi: 10.3205/19dkou609, urn:nbn:de:0183-19dkou6093

Veröffentlicht: 22. Oktober 2019

© 2019 Heintel et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Hyperextensionsverletzungen [HEV] der thorakolumbalen Wirbelsäule gelten mit einem Anteil von nur 0,2 bis 2,5 % als selten. In den letzten 20 Jahren konnten wir jedoch eine auffällige Zunahme dieses Verletzungstyps registrieren. Bis dato finden sich in der Literatur ausschließlich Kasuistiken o. kleine Kollektive, für die unterschiedliche Versorgungsstrategien diskutiert werden. Eine abschließende Bewertung der einzelnen Verfahren ist mangels entsprechender Daten bisher nicht umfassend möglich.

Methodik: Zwischen 1/1997 und 1/2018 wurden 134 thorakolumbale HEV bei 126 Pat. (33 Frauen und 93 Männer, Ø-Alter 70,7 ± 14,2 Jahre, range 25-93 Jahre) prospektiv erfasst und standardisiert nachuntersucht. Die Verletzungsmorphologie der vorderen Säule wurde anhand von CT- und z.T. ergänzenden MRT-Untersuchungen in 3 Gruppen (transossär, gemischt, transdiskal), die der hinteren Säule in 2 Gruppen (vorwiegend ossär oder ligamentär) eingeteilt, aus deren Kombinationen sich 6 verschiedene Verletzungstypen ergeben. Zudem wurden vorbestehende Veränderungen des Achsenskeletts, die Art der Versorgung, Komplikationen, knöcherne Heilung/Fusion und Überlebensraten analysiert. Die Resultate der deskriptiven Analyse sind als Mittelwerte ± Standardabweichung o. als Prozentzahlen dargestellt.

Ergebnisse: In den vergangenen 20 Jahren konnte im eigenen Haus eine Verzehnfachung von Pat. mit HEV registriert werden. 95 (71%) der HEV traten bei disseminierter idiopathischer Skletthyperostose [DISH], 20 (15%) bei M. Bechterew und 10 (7%) bei Spondylosis deformans auf. Nur 9 (7%) dieser Läsionen betrafen Pat. ohne ankylosierende Erkrankung. HEV bei DISH und M. Bechterew zeigten z.T. hochsignifikante Unterschiede in der Verletzungsmorphologie. 114 (85%) der 134 HEV wurden operativ in Form einer dorsalen Instrumentierung o. Spondylodese versorgt, die sich durchschnittlich über 3 (Minimum 1, Maximum 6) Bewegungssegmente erstreckte. 20 HEV, alles Pat. mit inkompletter vorwiegend ligamentärer Verletzung der hinteren Säule ohne neurologische Ausfälle, wurden konservativ-funktionell behandelt. 10 der 129 Pat. (8%) verstarben innerhalb der ersten 3 Monate nach Verletzung, 3 weitere innerhalb des ersten Jahres. 96 der 119 überlebenden Pat. (81%) konnten durchschnittlich 31,5 ± 12,7 Monate nach Verletzung nachuntersucht werden. Die Revisionsrate der operativ versorgten Pat. betrug 5%. Innerhalb des ersten Jahres heilten 96% der operativ versorgten und 100% der konservativ behandelten HEV stabil aus.

Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie ist unserer Kenntnis nach die größte bislang veröffentlichte Fallserie von HEV der thorakolumbalen Wirbelsäule und liefert u.a. wertvolle Daten zu Epidemiologie, Lokalisation, Begleitpathologien, Frakturmorphologie und erforderlicher Therapie. Hyperextensionsverletzungen stellen keine einheitliche Entität dar, sondern müssen hinsichtlich ihrer Versorgung differenziert betrachtet werden.