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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Der Notfall Wirbelsäulenverletzung mit Querschnittlähmung – Eine Analyse des Faktors „wirbelsäulenchirurgische Komplikation“

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Thomas Liebscher - Unfallkrankenhaus Berlin, Behandlungszentrum für Rückenmarkverletzte, Berlin, Germany
  • Johanna Ludwig - Unfallkrankenhaus Berlin, Behandlungszentrum für Rückenmarkverletzte, Berlin, Germany
  • Martin Kreutzträger - Unfallkrankenhaus Berlin, Behandlungszentrum für Rückenmarkverletzte, Berlin, Germany
  • Tom Lübstorf - Charité-Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neurologie/Abteilung Experimentelle Neurologie, Berlin, Germany
  • Thomas Auhuber - BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin gGmbH, Medizinmanagement, Berlin, Germany
  • Grit Wüstner - BG Klinikum Unfallkrankenhaus Berlin gGmbH, Medizinmanagement, Berlin, Germany
  • Andreas Niedeggen - Unfallkrankenhaus Berlin, Behandlungszentrum für Rückenmarkverletzte, Berlin, Germany
  • Marcel Kopp - Charité-Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neurologie/Abteilung Experimentelle Neurologie, Berlin, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB66-506

doi: 10.3205/19dkou608, urn:nbn:de:0183-19dkou6085

Veröffentlicht: 22. Oktober 2019

© 2019 Liebscher et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die traumatische Wirbelsäulenverletzung mit Querschnittlähmung ist aufgrund der Notfallversorgung und des oft komplexen Verletzungsmusters eine Herausforderung für die primär versorgenden Zentren. Die wenige Literatur zeigt in bis zu 40% der Fälle eine hohe operative und behandlungsassoziierte Komplikationsrate (Wilson JR et al., 2012, J Neurosurg. 17; 46-51). Ziel der Studie ist die Analyse des Faktors wirbelsäulenchirurgische Komplikation (WSK) auf das querschnittspezifische Outcome, die Behandlungsdauer und -kosten.

Methodik: In einer monozentrischen Fall-Kontroll-Studie wurden Patienten mit akuter traumatischer Querschnittlähmung im Zeitraum von 2011 bis 2017 analysiert (Ethikvotum EA2/015/15). Fälle mit und ohne definierte Kriterien für eine WSK (Tabelle 1) wurden hinsichtlich behandlungsassoziierter Komplikationen, Letalität, Behandlungsdauer und -kosten verglichen. Für den Endpunkt Tod in der Erstbehandlung wurde eine adjustierte logistische Regression gerechnet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei 309 Patienten trat in 24 % der Fälle mindestens eine WSK auf (Tabelle 1). Im Gruppenvergleich waren Alter, BMI, Charlson Komorbiditätsindex (CCI) und neurologisches Niveau ähnlich. Es traten signifikant mehr WSK bei Männern (p=0,005) und bei motorisch kompletten Halswirbelsäulenverletzungen (ASIA Impairment scale A und B) auf (p=0,042). In der Outcomeanalyse zeigte sich für die Gruppe mit WSK ein signifikant höheres Auftreten von Dekubitus, Schluckstörungen, permanenten Tracheostomaanlagen und der Letalitätsrate (Tabelle 2). Die logistische Regression ergab ein 4,1-fach erhöhtes Risiko (Odds Ratio) für Patienten mit WSK in der Erstbehandlung zu versterben (p=0,047) - unabhängig von Alter, Geschlecht, BMI, CCI, Läsionshöhe und -schwere. Die Behandlungsdauer war in der Gruppe mit WSK [Median (IQR) 107 (76-171) Tage] signifikant höher (p=0,013) als ohne WSK [90 (54-145) Tage]. WSK führten zu einer signifikanten Steigerung der Operations- und Gesamtkosten (Tabelle 2).

WSK sind ein bedeutender Risikofaktor in der Erstversorgung einer traumatischen Querschnittlähmung, da diese mit höherer Letalität und einer Minderung der Lebensqualität durch eine permanente Schluckstörung assoziiert sind. Neben dem medizinischen Outcome wird auch der gesundheitsökonomische Faktor negativ beeinflusst. Aus diesen Gründen sind trotz der Notfallsituation und des komplexen Verletzungsmusters eine optimale Rettungskette in Kompetenzzentren und eine qualitativ hochwertige wirbelsäulenchirurgische Erstversorgung inklusive eines konsequenten Komplikationsmanagements zu fordern.