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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Schwerverletztenversorgung in einem Schweizer Traumazentrum: Charakteristik und Outcome im Vergleich primär versus sekundär versorgter Patienten

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Kai Kornmann - Kantonsspital Aarau, Aarau, Switzerland
  • Franziska Maeder - Kantonsspital Aarau, Aarau, Switzerland
  • Felix Amsler - Kantonsspital Aarau, Aarau, Switzerland
  • Thomas Gross - Kantonsspital Aarau, Aarau, Switzerland

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB60-879

doi: 10.3205/19dkou563, urn:nbn:de:0183-19dkou5631

Veröffentlicht: 22. Oktober 2019

© 2019 Kornmann et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: In der Schweiz sind nur noch 12 Zentren zur Versorgung Schwerverletzter zugelassen. Wir interessierten uns an einem dieser Traumazentren, wie hoch je der Anteil primär vom Unfallort versus sekundär über ein anderes Spital zugewiesener Schwerverletzter ist sowie für charakterisierende Unterschiede zwischen diesen Gruppen.

Methodik: Analyse der Jahre 2010-2017 notfallmässig (<=24h nach Unfall) versorgter Schwerverletzter (gemäss Kriterien der hochspezialisierten Medizin der Schweiz: ISS ≥ 20 [Kinder ≥ 16] und AIS Head ≥ 3) im Vergleich primäre (Gruppe A) versus sekundäre Versorgung (Gruppe B). Abbreviated Injury Scale, AIS; mean±SD; chi-square; p<0.05

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Von 1418 Schwerverletzten wurden 916 (65%) primär versorgt vs. 502 (35%) zuverlegt. Direkt vom Unfallort Eingelieferte waren signifikant jünger (A:57±25; B:61±22 Jahre) und schwerer verletzt (A:20±10; B:17±8 ISS), häufiger polytraumatisiert (A:52% vs. B:36%) und erlitten schwerere thorakale, abdominale, Weichteil- und Extremitäten-Verletzungen (je p=0.001). Hingegen wiesen zuverlegte Patienten eher gravierende Schädel-Verletzungen auf (AIS Kopf/Hals: A:3,14±1,3 vs. B:±3,46±1,3 p=0,001). Im Notfall-Abklärungsprozess wurde die erste Schockraum-Diagnostik bei primär Versorgten früher durchgeführt, wobei für sekundär Versorgte häufiger auf (erneute) radiologische Abklärungen verzichtet wurde (je p<0,001). Der Spitalaufenthalt sekundär Versorgter war kürzer (A:9±8 vs.; B:11±11 Tage) und das Outcome gemäss Glasgow Outcome Scale (GOS) besser (A:4±1,5 vs. B:4,2±1,3 p=0.004). Bei den sekundär Zugewiesen fand sich sowohl eine niedrigere effektive (p=0.003), wie auch anhand der erwarteten Letalität (RISC 2) korrigierte Spitalletalität (p=0.033) als bei den primär Versorgten.

Jeder dritte notfallmässig versorgte Schwerverletzte wurde erst sekundär in unser Traumazentrum eingeliefert, was gemäss internationaler Guidelines als zu hoch gilt. Allerdings konnten wir, im Gegensatz zu den meisten Berichten in der Literatur, kein schlechteres Spital-Outcome bei erst sekundär zugewiesenen Patienten im Vergleich zu primär vom Unfallort eintreffenden Schwerverletzten nachweisen. Angesichts der signifikant niedrigeren Risiko-korrigierten Spitalletalität sekundär Versorgter im Vergleich zu primär eingewiesenen Schwerverletzten, kann dies nicht mit den nachgewiesenen unterschiedlichen Verletzungskonstellationen beider Gruppen erklärt werden. Solange in der Schweiz allerdings schwerer Verletzte nur an den Traumazentren bzgl. Qualitätsmarker in einem Register standardisiert erfasst werden müssen, fehlen die Kontrollzahlen für einen adäquaten Vergleich zu kleineren Krankenhäusern bzw. Nicht-Traumazentren. Zudem müssten umfassende Erhebungen auch die präklinische Letalität miteinbeziehen.