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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Die Bedeutung der Kapselrekonstruktion für die Luxationsprophylaxe nach Primär-, Revisions- und Tumorendoprothetik des Hüftgelenkes – Erfahrungsbericht und Analyse eines umfangreichen Patientengutes

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Torsten Prietzel - Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz, Klinik f. Orthopädie, Unfall- u. Wiederherstellungschirurgie, Chemnitz, Germany
  • Thomas Lehmann - HELIOS Klinik Blankenhain, Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, Blankenhain, Germany
  • Julia Jurkutat - Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Orthopädie, Unfall- und Plastische Chirurgie, ZESBO, Leipzig, Germany
  • Andy Richter - Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Leipzig, Germany
  • Stefan Schleifenbaum - Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Leipzig, Germany
  • Gerald Sommer - Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Leipzig, Germany
  • Ronny Grunert - Fraunhofer IWU, Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Dresden, Germany
  • Niels Hammer - Department of Anatomy, University of Otago, Dunedin, New Zealand

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB46-1472

doi: 10.3205/19dkou413, urn:nbn:de:0183-19dkou4130

Veröffentlicht: 22. Oktober 2019

© 2019 Prietzel et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Das Risiko einer Hüfttotalendoprothesen(HTEP)-Luxation liegt nach primärer Implantation bei 2-5%. Nach der aseptischen HTEP-Lockerung handelt es sich somit um die zweithäufigste Komplikation. Die Luxationsraten nach Revisions- und Tumorendoprothetik des Hüftgelenkes sind im Vergleich dazu um ein Mehrfaches erhöht. Auf Grund der hohen Fallzahlen sind insgesamt sehr viele Patienten betroffen. Der Prophylaxe kommt somit eine große Bedeutung zu. Dabei steht in besonderem Maße die Rekonstruktion der Hüftgelenkkapsel im Fokus einer kontroversen Diskussion. Ziel der vorgelegten Studie war es, die eigenen umfangreichen Erfahrungen und Ergebnisse sowie publizierte Daten zusammenfassend darzustellen.

Methodik: Eingeschlossen wurden 3031 primäre HTEP-Implantationen (Zeitraum 2002-2014), 261 HTEP-Revisionen (2005-2013) sowie 91 tumorendoprothetische Eingriffe mit proximalem Femurersatz (2005-2015), durchgeführt an der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie des Universitätsklinikums Leipzig (bis 2014 Orthopädische Klinik und Poliklinik) jeweils über den (teils erweiterten) lateralen oder anterolateralen Zugang. In allen 3 Patientengruppen wurde die Gelenkkapsel entweder geschont und in spezieller Technik rekonstruiert (Studiengruppen) oder reseziert (Kontrollgruppen). Die Gruppen wurden bezüglich des Luxationsrisikos retrospektiv vergleichend analysiert.

Ergebnisse: Bei 3031 primären HTEP-Implantationen wurde die Kapsel in 1344 Fällen rekonstruiert und in 1687 Fällen reseziert. Das mittlere Follow-up betrug 51,5 Monate. Die Luxationsrate der gesamten Patientengruppe lag bei 1,3% (n=40). Das Luxationsrisiko war bei Kapselrekonstruktion mit 0,4% signifikant geringer als bei Kapselresektion mit hier 2,1%. Nach HTEP-Revisionen fanden wir 3% Luxationen bei 100 Fällen mit Kapselrekonstruktion (n=100) im Vergleich zu 21,4% bei 161 Fällen mit Kapselresektion. Nach proximalem Femurersatz ergab die Analyse von 41 Fällen mit Kapselrekonstruktion eine Luxationsrate von 14,6% im Vergleich zu 34% bei 50 Fällen mit Kapselresektion. Die niedrigste Luxationsrate von 3,3% fand sich nach proximalem Femurersatz, wenn die Kapselrekonstruktion mit dem Einsatz eines Duokopfes kombiniert wurde.

Schlussfolgerungen: Die Kapselrekonstruktion stellt einen wichtigen, möglicherweise den entscheidenden, Einflussfaktor in der Prophylaxe von Hüftendoprothesenluxationen dar. Dies betrifft sowohl die Primärendoprothetik als auch die Revisions- und Tumorendoprothetik des Hüftgelenkes. Diese Aussage wird durch eigene langjährige, umfangreiche Erfahrungen und durch Literaturangaben gestützt. Nachteile der Kapselrekonstruktion wie etwa erhöhte Revisionsraten, Funktionseinschränkungen oder „Kapselschmerzen“ fanden sich in unseren Untersuchungen nicht. Die Schonung und Rekonstruktion der Gelenkkapsel kann deshalb bei allen hüftendoprothetischen Eingriffen empfohlen werden. Davon ausgenommen sind relativ wenige Fälle, in denen sie kontraindiziert oder technisch nicht realisierbar ist.