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Rezidivrisiko und klinisches Outcome bei fortgeschrittenen Riesenzelltumoren der Extremitäten – eine retrospektive Studie mit 90 Patienten
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Veröffentlicht: | 22. Oktober 2019 |
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Fragestellung: Riesenzelltumore des Knochens sind auf Grund ihrer Gelenknähe und lokalen Aggressivität schwierig zu behandeln. Operative Strategien reichen von intraläsionaler Kürettage bis hin zur weiten Tumorresektion mit Implantation einer Tumorendoprothese. Trotz sehr hoher Rezidivraten muss die Klassifikation als benigner Tumor beachtet werden, so dass gelenkerhaltende Strategien bevorzugt werden. Intraoperativ lokal applizierte Adjuvantien wie PMMA-Knochenzement und Wasserstoffperoxid sollen das Risiko eines Rezidivs nach intraläsionaler Kürettage reduzieren. Ziel der Arbeit war die Analyse unseres Kollektivs mit fortgeschrittenen Tumoren hinsichtlich klinischem Outcome und Rezidivrisiko.
Methodik: Es konnten 90 Fälle der oberen und unteren Extremität eingeschlossen werden (58% Campanacci-Grad III, 41% Campanacci-Grad II). Das Mittlere follow-up betrug 119 (±90) Monate. Es erfolgte eine retrospektive Auswertung aller Operationen einschließlich Histologie und klinischem Verlauf. Neben der Ermittlung von Komplikationen, Rezidiven und Metastasen wurde abschließend eine interviewbasierte Erhebung des Musculoskeletal-Tumor-Society(MSTS)-score zur Beurteilung des funktionellen Outcomes durchgeführt. Die statistische Auswertung erfolgte parameterabhängig mit T-Tests, ANOVA, Mann-Whitney-U-Tests, Chi-square-Tests, Kaplan-Meier-Analysen und multivariater Cox-Regressionsanalyse.
Ergebnisse: Im Gesamtkollektiv zeigten sich postoperativ 30 Rezidive (33%) und 11 Komplikationen (Thrombose, Infekte) sowie 4 initiale Lungenmetastasen. Die Kaplan-Meier-Analyse zeigte ein kumulatives Rezidiv-freies Überleben von 74% nach 2 Jahren und 63% nach 10 Jahren. Fälle mit extraläsionaler Resektion (n=19) zeigten keine Rezidive bei jedoch deutlich schlechterem klinischen Outcome als intraläsional behandelte Patienten (MSTS-score 20,7 ±6,6 versus 25,4 ±4,7; p=0.03). Intraläsionale Kürettage (n=71) beinhaltete die Auffüllung mit PMMA-Knochenzement (n=60) oder Beckenspongiosa (n=11). Als zusätzliches Adjuvans wurde Wasserstoffperoxid zur Reinigung der Tumorhöhle in einem Teil der kürettierten Fälle verwendet (n=27). PMMA reduzierte signifikant die Rezidivrate (2-fach, p=0,03). Die zusätzliche Anwendung von Wasserstoffperoxid vor PMMA Füllung reduzierte die Rezidivrate weiter (3-fach, p=0,007) und erhöhte signifikant das kumulative Rezidiv-freie Überleben (77% nach 10 Jahren; p=0,004). Die multivariate Analyse zeigte 3 signifikante Risikofaktoren für ein Rezidiv: Hohe Mitose-Rate in der Histologie (Hazard-Ratio 15,6; p=0,01), pathologische Fraktur (Hazard-Ratio 3,7; p=0,04) und Nichtverwenden von Wasserstoffperoxid (Hazard-Ratio 6,0; p=0,02).
Schlussfolgerungen: Unser Kollektiv mit fortgeschrittenen Riesenzelltumoren zeigt nach intraläsionaler Kürettage hohe lokale Rezidivraten bei jedoch deutlich besserem funktionellem Ergebnis im Vergleich zur extraläsionalen Tumorresektion. Die Studie beweist erstmals einen statistisch signifikanten zusätzlichen Effekt von Wasserstoffperoxid zur Rezidivprophylaxe.