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Warum die Traumaversorgung über die Versorgung des Traumas hinausgeht – SIRS & Sepsis des Polytraumapatienten
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Veröffentlicht: | 22. Oktober 2019 |
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Fragestellung: Das Systemic Inflammatory Response Syndrome (SIRS) und die Sepsis, insbesondere bei Schwerstverletzten, wird in der bisherigen Literatur als eine ernsthafte Komplikation mit hoher Letalität beschrieben.
Gefühlt sind wir heute deutlich besser, SIRS und Sepsis scheinen unter Kontrolle zu sein.
Wie ist das tatsächliche Outcome im heutigen Setting?
Konnten im Zuge der multiplen Verbesserungen der Schwerstverletztenversorgung auch SIRS und Sepsis Einhalt geboten, die Letalitätsrate entscheidend gesenkt werden?
Methodik: Die primäre Datenbank bestand aus 1680 Fällen (Einschlusskriterien TraumaRegister), welche in einem Zeitraum von 7 Jahren an einem überregionalen TraumaZentrum mit den 120 Trauma-Register-Variablen und 330 hauseigenen Variablen dokumentiert wurden.
In die Studie eingeschlossen wurden Patienten mit einem Intensivaufenhalt≥2 Tage, einem Alter≥16 Jahre, einem ISS≥16 und Primärversorgung in der Studienklinik.
Ausgeschlossen wurden Fälle mit fehlendem RISC2 und fehlender Angabe der exakten Noradrenalin-Dosierung, außerdem Fälle mit Weiterverlegung innerhalb 48 Stunden.
Die Studienpopulation wurde in die Gruppen SIRS/Sepsis (S) und kein/e SIRS/Sepsis (K) unerteilt, wobei in der Gruppe S eine Noradrenalin-Dosierung von ≥ 1mg/h und eine Sepsis nach SOFA-Score oder ein gleichzeitiges Versagen von ≥2 Organsystemen an ≥2 Tagen vorliegen musste.
Primärer Endpunkt war die Letalität.
Die Auswertung erfolgte über den Χ²-Test für nominale Variablen und den Mann-Whitney-U-Test für ordinale/metrische Variablen (Signifikanzniveau 0,05).
Ergebnisse: Die Studienpopulation umfasste 408 Fälle, davon n=117 (28,7%) mit SIRS/Sepsis.
Die Analyse zeigte signifikante Unterschiede bezüglich der Verletzungsschwere, des Alters und der Vorerkrankungen der Patienten der Gruppen S und K.
Die Patienten der Gruppe S waren signifikant schwerer verletzt (p<0,001), älter (p=0,012) und kränker (ASA-Score, p=0,001). Patienten, welche im Verlauf SIRS/Sepsis entwickelten, zeigten signifikant schlechtere physiologische Werte in präklinischen als auch in frühen klinischen Parametern (u.a. systolischer RR (p=<0,001), BE (p<0,001), GCS (<0,001) und Hb (p<0,001)).
Während der Zeit auf der Intensivstation benötigten die Patienten der Gruppe S signifikant mehr Gerinnungstherapie (p<0,001) und mehr EKs (p<0,001). Weiterhin lag diese Patientengruppe signifikant länger auf ICU (p<0,001).
Für die Letalität zeigte sich ein signifikanter Unterschied (p<0,001) zwischen den Gruppen S (20,5%) und K (5,2 %).
Schlussfolgerung: Obwohl SIRS und Sepsis über die Jahrzehnte ein deutlich besseres Outcome zeigen, war in der aktuellen Studie nach wie vor eine nahezu 4-fach höhere Letalität im Vergleich zur Kontrollgruppe zu finden.
Die Prädiktoren für SIRS/Sepsis sind auch heute noch die Verletzungsschwere, das Alter und die Vorerkrankungen.
Die Studie kann die gefühlte Sicherheit bei SIRS/Sepsispatienten nicht bestätigen - weitere Forschungsinitiativen in diesem Feld erscheinen sinnvoll und notwendig!