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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Outcome und Lebenserwartung geriatrischer Polytrauma-Patienten

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Dorothea Redemann - UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Onays Al-Sadi - UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Franziska Beyer - UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Anne Schützer - UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Klaus-Dieter Schaser - UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Germany
  • Christian Kleber - UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB24-430

doi: 10.3205/19dkou121, urn:nbn:de:0183-19dkou1219

Veröffentlicht: 22. Oktober 2019

© 2019 Redemann et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Die zunehmende Alterung der Gesellschaft mit gleichzeitig steigendem Aktivitätsniveau wirft die Frage nach dem Outcome und Langzeitüberleben geriatrischer Polytrauma-Patienten auf.

Methodik: In einer retrospektiven Kohortenstudie (DFG FOR2165) wurden die Daten von Traumapatienten >55 Jahre mit einem Injury Severity Score (ISS) ≥16 im Zeitraum von 2005-2016 hinsichtlich Verletzungsschwere (ISS), schwer verletzte Körperregionen (Abbreviated Injury Score [AIS] ≥3), Langzeitüberleben und gesundheitsbezogener Lebensqualität (HRQOL) analysiert. HRQOL wurde mittels EuroQol-Index abgebildet. Überlebensraten wurden durch Kaplan-Meier-Verfahren berechnet. Effekte der Verletzungsschwere auf das Überleben wurden adjustiert für Alter und Geschlecht mittels Cox-Regression als Hazard Ratio (HR) und 95% Konfidenzintervall (KI) angegeben. Das Signifikanzniveau wurde auf 5% festgelegt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: In der Stichprobe (n=154) mit 61% Männern und 39% Frauen im Alter von 69±10 Jahre waren Unfälle als PKW-Insasse (21%), Fußgänger (21%) und Stürze >3m (20%) die Hauptunfallursachen. Im Vergleich zum TraumaRegister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie waren Fußgänger (TR; 7% 2008-2017) überdurchschnittlich häufig betroffen.

Schwere Verletzungen (AIS ≥3) betrafen mit 86% (46% TR) v.a. Thorax, 74% (46% TR) Kopf, 74% (29% TR) Extremitäten/Becken und 58% (12% TR) Abdomen. Die Klinikletalität betrug 23% (12% TR).

Im Median lag der ISS bei 29 Punkten (IQR 19), wobei 68% ein schweres (ISS ≥25) und 16% ein schwerstes Polytrauma (ISS ≥50) erlitten. Hinsichtlich schwer verletzter Körperregionen bestanden zwischen den Gruppen ISS 16-24, ISS 25-49, ISS ≥50 einzig bei den Kopfverletzungen (55%, 83%, 82%) signifikante Unterschiede. Bezüglich des Klinik-Outcomes waren Verstorbene signifikant häufiger als Überlebende schwer abdominal (79% vs. 42%) sowie an Extremitäten/Becken (89% vs. 70%) verletzt. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität war bei einem ISS 16-24 signifikant höher als bei einem ISS 25-49 (0,7 vs. 0,5).

Die Überlebenswahrscheinlichkeit nach dem Unfall lag nach 10 Jahren bei 35%. Die medianen Überlebensraten betrugen 7 Jahre bei ISS 16-24 und 5 Jahre bei ISS 25-49. Schwerstverletzte mit ISS ≥50 hatten bereits im ersten Jahr eine Überlebensrate von nur 32%. Adjustiert für Alter und Geschlecht haben Patienten mit ISS 25-49 über den Untersuchungszeitraum hinweg ein 2,3-fach (KI 1,1-4,6) und Patienten mit ISS ≥50 ein 5,8-fach (KI 2,6-12,6) höheres Sterberisiko als Patienten mit ISS 16-24.

Unsere Ergebnisse zeigen die fatalen Folgen eines geriatrischen Polytraumas mit Überlebensraten von <40% nach 10 Jahren und einem 6-fach erhöhten Sterberisiko für Schwerstverletzte. Weiterhin konnten wir alterstypische Unterschiede im Unfallmechanismus, der Inzidenz schwerer Verletzungen der Körperregionen und der Lebensqualität aufzeigen. Für ein erfolgreiches Management geriatrischer Polytrauma-Patienten sind unter Beachtung der speziellen Pathophysiologie und ethischer Aspekte weitere Studien notwendig.