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Polytrauma im Alter: Veränderungen in den letzten zwei Jahrzehnten
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Veröffentlicht: | 22. Oktober 2019 |
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Fragestellung: Im Rahmen einer alternden Gesellschaft hat sich die Anzahl geriatrischer polytraumatisierter Patienten seit Beginn der 2000er knapp verdoppelt. Mittlerweile machen über 60-Jährige mehr als 40% der Polytraumapatienten aus und dieser Anteil wird in Zukunft weiterwachsen. Bedingt durch u.a. Komorbiditäten und gesteigerte Gebrechlichkeit brauchen diese Patienten angepasste Therapien. Damit die Herausforderungen einer alternden Polytraumapopulation eingeschätzt werden können, beschreibt diese Studie die Veränderungen der Polytraumaversorgung in den letzten 16 Jahre.
Methodik: Eine statistische Analyse der Daten aus dem deutschen Traumaregister (TR-DGU®) von 2002-2017 wurde durchgeführt. Einschlusskriterien waren ein Alter von über 60 Jahren und ein ISS von mindestens 16. Das Patientenkollektiv wurde je nach Zeitpunkt der Hospitalisierung in 4 Gruppen eingeteilt: 2002-2005 (1), 2006-2009 (2), 2010-2013 (3)und 2014-2017 (4). Erhobene Parameter waren unter anderem Unfallhergang, Bildgebung, Verletzungsmuster nach Körperregionen (AIS >=3), Liegedauer, Komplikationen und Mortalität.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt konnten 27049 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 73,9 Jahren eingeschlossen werden. Im zeitlichen Verlauf zeigte sich zwischen Zeitraum 2002/2005-2014/2017 ein Rückgang der Polytraumata durch Verkehrsunfälle von 52% auf 38,1%,sowie eine Zunahme der Stürze aus <3m Höhe von 17,6% auf 40,1%. Betrachtet man die Verletzungsmuster, so hat die Anzahl der Wirbelsäulen-(29,2%, vs. 35,8%) sowie Kopfverletzungen (66,2% vs.67,7%) über die Jahre zugenommen, während Verletzungen der Extremitäten (54,9% vs. 46,5%) und des Abdomens (17,3% vs. 13,4%) abgenommen haben. Des Weiteren, benötigten weniger Patienten Erythrozytenkonzentrate (31,1% vs. 11,8%). Die durchschnittliche Liegedauer im Krankenhaus sank von 23,8 auf 19,0 Tage und auf der Intensivstation von 13,2 auf 9,6 Tage. Die Mortalität sank von 40,5% auf 31,8%.
Über den Beobachtungszeitraum konnte eine Veränderung der Unfallmechanismen und Verletzungsmuster festgestellt werden. Darüber hinaus zeigte sich eine starke Verbesserung der Mortalität und Verminderung der Liegedauer. Diese verbesserten Outcomes könnten sich durch die Einführung verbesserter diagnostischer Tools und Behandlungsalgorithmen, sowie durch bessere Koordination von Notfallhelfern und die Implementierung von Alterstraumatologiezentren erklären lassen.