Artikel
Der Einfluss einer zusätzlichen Abdominalverletzung auf das operative Ergebnis nach Beckenverletzung – Registerstudie aus dem Deutschen Beckenregister
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 22. Oktober 2019 |
---|
Gliederung
Text
Fragestellung: Beckenverletzungen sind seltene, aber schwerwiegende Verletzungen. Inwieweit eine Kombinationsverletzung aus Abdominaltrauma und Beckenverletzung das postoperative Ergebnis und den klinischen Verlauf von Beckenverletzungen beeinflusst, ist bisher nicht hinreichend untersucht worden.
Methodik: Retrospektiv ausgewertet wurden alle Patienten mit Beckenverletzungen der Jahre 2003 - 2017 aus dem multizentrischen prospektiven Beckenregister der AG Becken III der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Demographische (Alter, Geschlecht), klinische (Liegedauer, Morbidität, Mortalität, Zeitpunkt bis zur operativen Versorgung) und operative (Dislokationsgrad, Repositionsergebnis, osteosynthese-assoziierte Komplikation) Daten wurden erfasst und in zwei Gruppen (Monoverletzung des Beckens vs. Kombinationsverletzung Abdomen/Becken) mittels t-Test bzw. Chi-Quadrat-Test miteinander verglichen.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 16359 Patienten mit einer Beckenverletzung behandelt, davon hatten 3537 Patienten eine Kombinationsverletzung des Beckens mit einer Abdominalverletzung (21,6%) und 8526 Patienten (52,1%) eine isolierte Beckenverletzung. Das Durchschnittsalter betrug 61,5±23,4 Jahre, 46,5% der Patienten waren männlich (7611/16359) und 53,5% waren weiblich (8748/16359). Im Vergleich der beiden Gruppen waren die Patienten mit Kombinationsverletzung deutlich jünger (47,3±22,0 vs. 70,3±20,5 Jahre; p<0,001) und vermehrt männlich (62,1% vs. 35,7%; p<0,001). Die Liegedauer war in der Gruppe der Kombinationsverletzungen deutlich höher (27,0±25,3 vs. 13,0±13,9 Tage; p<0,001). Die Morbidität (21,9% vs. 10,0%; p<0,001) und die Mortalität (8,1% vs. 1,9%; p<0,001) war jeweils deutlich höher in der Gruppe der Kombinationsverletzungen. Der zeitliche Abstand bis zur Notfall-Stabilisierung sowie der Zeitraum bis zur definitiven Versorgung des Beckens war nicht unterschiedlich. Bezüglich der präoperativen Dislokation fand sich in der Gruppe der Kombinationsverletzungen eine deutlich ausgeprägtere Dislokation nur bei den Beckenringverletzungen (10,4±15,0 vs. 3,9±7,0 mm; p< 0,001), wohingegen bei den Azetabulumfrakturen kein Unterschied bestand. Postoperativ zeigte das Repositionsergebnis keinen signifikanten Unterschied in beiden Gruppen. Die Operationsdauer war in der Gruppe der Kombinationsverletzungen länger (210±121 vs. 184±95 min; p=0,01) während sich der Blutverlust in beiden Gruppen nicht unterschied. Auch die osteosynthese-assoziierten Komplikationen waren gleich häufig in beiden Gruppen (9,6% vs. 10,7%; p >0,05).
Schlussfolgerung: Patienten mit einer Beckenverletzung erleiden zu etwa 20% eine Kombinationsverletzung aus Becken- und Abdominaltrauma. Der klinische Verlauf ist deutlich verlängert bei deutlich erhöhter Morbidität und Mortalität in der Gruppe der Kombinationsverletzungen. Das postoperative Ergebnis der osteosynthetischen Versorgung der Beckenverletzung wird jedoch durch eine begleitende Abdominalverletzung nicht beeinflusst.