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Analyse der Auswirkungen von verschiedenen präklinischen Rettungstechniken auf die Wirbelsäule
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Veröffentlicht: | 22. Oktober 2019 |
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Fragestellung: Die präklinische Rettung von Unfallverletzten aus Fahrzeugen nach einem Verkehrsunfall ist eine Standardmaßnahme in der Notfallmedizin. Häufig wird die Indikation für eine sogenannte „schnelle Rettung“ gestellt, wobei der Unfallverletzte in nur wenigen Minuten unter minimalster Bewegung der Wirbelsäule aus dem Unfallfahrzeug gerettet werden sollen. Für diese „schnelle Rettung“ stehen verschiedene Rettungstechniken zur Verfügung. Vergleiche zwischen diesen Rettungstechniken gibt es bisher nicht, sodass auch in den entsprechenden Leitlinien keine Empfehlungen zur Wahl der Rettungstechnik gegeben werden.
Das Ziel der Studie war der Vergleich verschiedener Rettungstechniken der „schnellen Rettung“ bezüglich der Bewegung in der Wirbelsäule.
Methodik: An einem gesunden Probanden wurden durch fachkundiges Rettungsfachpersonal drei verschiedene Rettungstechniken zur schnellen Rettung aus einem Fahrzeug durchgeführt: (i) Selbstständiges Aussteigen nach standardisierter Anweisung durch das Rettungsfachpersonal, (ii) Rettung durch das Drehen des Patienten auf das Spineboard, (iii) Rettung durch die Anlage einer Rettungsboa (PAX, Wardenburg). Die Durchführung aller Rettungstechniken erfolgte mit regelrecht angelegter Zervikalstütze (Ambu Perfit ACE®, Ballerup, Dänemark). Während der Patientenrettung erfolgte die Messung der Bewegung der Wirbelsäule durch entsprechende Messsensoren (Xsens Technologies, Enschede, Niederlande und Epionics SPINE System, Epionics Medical GmbH, Potsdam). Die gemessene Bewegung in der Halswirbelsäule (HWS), der Brustwirbelsäule (BWS), dem thorako-lumbalen Übergang (TLÜ) und der Lendenwirbelsäule (LWS) wurde anschließend software-gestützt gewichtet (Motionscore, MS) und addiert.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Beim selbstständigen Aussteigen des Unfallverletzten zeigte sich die geringste Bewegung der einzelnen Abschnitte der Wirbelsäule (MS-HWS: 31; MS-BWS: 191; MS-TLÜ: 231; MS-LWS: 411; MS-Gesamt: 864). Im Vergleich hierzu zeigt die klassische Rettungsmethode, bei welcher der Proband auf das Spineboard gedreht wurde vor allem in der HWS (MS-HWS: 595) und in der BWS (MS: 432) eine deutlich Zunahme der Bewegung (MS-Gesamt: 1743). Die Bewegung in der HWS kann durch die Nutzung der Rettungsboa deutlich reduziert werden (MS-HWS: 339). Die Bewegung über die gesamte Wirbelsäule bei Nutzung der Rettungsboa bleibt im gleichen Bereich (MS-Gesamt: 1862 vs. 1743).
Zusammenfassend konnte die vorliegende Studie zeigen, dass bei einem Unfallverletzten mit Verdacht auf Wirbelsäulentrauma das selbstständige Aussteigen unter fachkundiger Anweisung die geringste Manipulation an der gesamten Wirbelsäule, vor allem aber an der Halswirbelsäule, verursacht. In Abhängigkeit von Schmerzen und Begleitverletzungen des Unfallverletzten wird das selbstständige Aussteigen oftmals nicht möglich sein. Dann kann die Rettung mittels Rettungsboa erfolgen. Sie reduziert die Bewegung in der HWS im Vergleich zur klassischen Rettungsmethode.