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Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019)

22. - 25.10.2019, Berlin

Simples (M)GAP-Notfallscoring statt aufwändige Schockraumkriterien zur präklinischen Selektion von Verletzen ins Traumazentrum?

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Philipp Braken - Kantonsspital Aarau, Aarau, Switzerland
  • Franziska Maeder - Kantonsspital Aarau, Aarau, Switzerland
  • Felix Amsler - Amsler Consulting, Basel, Switzerland
  • Thomas Gross - Kantonsspital Aarau, Aarau, Switzerland

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2019). Berlin, 22.-25.10.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocAB11-712

doi: 10.3205/19dkou001, urn:nbn:de:0183-19dkou0018

Veröffentlicht: 22. Oktober 2019

© 2019 Braken et al.
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Gliederung

Text

Fragestellung: Eigene Untersuchungen konnten zeigen, dass die vom «American College of Surgeons» empfohlenen Grenzwerte für eine adäquate Über- und Untertriage von schwer verletzten Patienten mit einer Modifikation der für das TraumaNetzwerk® DGU empfohlenen Schockraumkriterien erfüllt werden können. Die konkrete Anwendung der umfangreichen Schockraum-Kriterienliste zeigt allerdings eine fallweise ungenügende Umsetzung, was die effektive Untertriage verschlechtert. Wir prüften daher, ob die einfacher anwendbaren Notfallscores (M)GAP ((Mechanism), Glasgow Comas Scale (GCS), Age and Systolic Blood Pressure) in Bezug auf relevante Outcome-Parameter vergleichbare Über- und Untertriagewerte erzielen könnten.

Methodik: Retrospektive Analyse der 2013 - 2017 in einem Schweizer Traumazentrum prospektiv-konsekutiv erfassten, notfallmässig behandelten erwachsenen Schockraumpatienten. Für alle Fälle wurde die je aus der Anwendung der vorgeschlagenen DGU TraumaNetzwerk® Schockraumkriterien bzw. der (M)GAP-Scores resultierende Über- und Untertriage hinsichtlich des Auftretens eines Injury Severity Score (ISS) >15 bzw. der Beanspruchung spezifischer Traumazentrum-Ressourcen sowie der Hospitalletalität verglichen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Insgesamt konnten von 2112 der 2130 Versorgten die notwendigen Angaben ausgewertet werden. Bei 24% der Patienten lag eine Verletzungsschwere ISS >15 vor, 34% wurden auf der Intensivstation (IPS) behandelt, 21% mussten intubiert werden und 13% erfuhren eine Notfalloperation. Die Spitalletalität betrug 8.5% (n=181). Bzgl. Letalität wäre bei Einsatz des (M)GAP ein Patient fälschlicherweise nicht im Schockraum behandelt worden (Untertriage 0,6%), wohingegen 766/2112 unnötigerweise eine Schockraumbehandlung erhalten hätten (Übertriage 42%). Bezüglich des Selektionskriteriums ISS >15 sowie dem Bedarf an Traumazentrum-Ressourcen (IPS, Notfall-OP, Intubation) zeigten sich bei Anwendung je des (M)GAP Über- und Untertriagewerte zwischen 32-39% bzw. 18-32%. Demgegenüber ergaben sich bei Anwendung der vorgeschlagenen TraumaNetzwerk® Schockraumkriterien bzgl. Letalität eine Unter- und Übertriage von 1.7% bzw. 69% sowie für die Kriterien ISS >15 oder Bedarf an Zentrumsressourcen Untertriagewerte zwischen 2-9% bzw. Übertriagewerte zwischen 61-65%.

Die modifizierten Schockraumkriterien des TraumaNetzwerk® DGU zeigten in dieser Monocenter-Evaluation zwar eine etwas schlechtere Präzision in der Vorhersage des Versterbens von Verletzten, gleichzeitig aber eine höhere Genauigkeit bzgl. der Erfassung des schweren Traumas und des Bedarfs an Zentrums-Ressourcen. Die bei Verwendung der (M)GAP beobachteten schlechteren Untertriagewerte bedeuten, dass bei präklinischer Anwendung nur dieser Scores für den Klinikentscheid einzelne schwer verletzte Patienten trotz erwiesenem Bedarf nicht in ein Traumazentrum transportiert werden würden. Somit kann aus unserer Erfahrung die - wenn auch aufwändigere - Schockraum-Kriterienliste nicht durch die (M)GAP-Scores ersetzt werden.